Freihandel mit Afrika: Europa stellt sich weiter stur
Die kontroversen Freihandelsverträge sind nun doch nicht auf EU-Gipfelagenda. Genau das war beim jüngsten EU-Afrika-Gipfel noch zugesagt worden.
BRÜSSEL taz Eine knappe Woche nach dem EU-Afrika-Gipfel in Lissabon zeigt sich, dass der viel beschworene Dialog zwischen den Kontinenten nicht funktioniert. Bei dem Treffen hatte der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU), Alpha Oumar Konaré, erklärt, dass die afrikanischen Staaten die von der EU-Kommission geforderten neuen Freihandelsabkommen (EPAs) nicht akzeptieren würden. Sie müssten ganz neu verhandelt werden.
EU-Kommissionspräsident Barroso versicherte daraufhin, es handle sich nur um Übergangsabkommen. Im kommenden Jahr könne neu verhandelt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte Verständnis für die afrikanischen Vorbehalte und versprach, der EU-Gipfel in Brüssel am Freitag werde sich zusätzlich zur geplanten Tagesordnung mit den Abkommen befassen und prüfen, ob mehr "Flexibilität" möglich sei.
Doch am Donnerstag wollte davon in Brüssel niemand mehr etwas wissen. Schon am Montag hatten die Außenminister einstimmig eine Verordnung über die Interims-EPAs beschlossen und damit den Weg für weitere bilaterale Abkommen freigemacht.
In Lissabon hatte Konaré prophezeit: "Afrika wird sich in Handelsfragen nicht mehr spalten lassen!" Doch genau das scheint nun zu geschehen. Der Sprecher von EU-Handelskommissar Peter Mandelson sagte der taz: "18 Länder haben schon unterschrieben." Ghana, dessen Präsident John Kufuor derzeit den AU-Vorsitz führt, stehe kurz vor dem Abschluss. Die Pazifikstaaten wollten sogar endgültige Abkommen noch in diesem Jahr unterschreiben.
Mahamat Annadif, AU-Botschafter bei der EU, wertet die Situation völlig anders. Nur einige wenige Länder hätten Interimsabkommen akzeptiert. Große Staaten wie Nigeria, Südafrika und Senegal seien dazu nicht bereit. "Die Europäer haben unsere Probleme verstanden", sagte Annadif der taz. Es sei ihre Entscheidung, den EU-Gipfel nun doch nicht mit dem Thema zu befassen. "Wir sind aber optimistisch, dass bei anderer Gelegenheit darüber gesprochen wird."
Diesen Gesprächsbedarf sieht offensichtlich weder die EU-Kommission noch der Rat der Staats- und Regierungschefs. Aus ihrer Sicht sind die Grundsatzfragen geklärt und nur noch einige technische Details offen. Die Abkommen seien überaus günstig: Sie sorgten dafür, dass afrikanische Waren auch nach dem 1. Januar 2008 zollfrei nach Europa eingeführt werden könnten. In umgekehrter Richtung, bei der kompletten Öffnung afrikanischer Märkte für europäische Exporteure, gebe es Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren.
Die Hilfsorganisationen Oxfam glaubt hingegen, dass afrikanische Produzenten deutliche Nachteile in Kauf nehmen müssen. Sie hat die EU aufgefordert, mehr Entgegenkommen zu zeigen und zu ihren Zusagen zu stehen, Entwicklung durch fairen Handel anzukurbeln. Nun wird alles davon abhängen, ob die Afrikaner den Europäern für die langfristigen Abkommen bessere Bedingungen abtrotzen können. Wahrscheinlich aber wird die EU ihrer erfolgreichen Taktik treu bleiben, möglichst viele Präzedenzfälle zu schaffen und Afrika eben doch in Handelsfragen zu spalten.
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