: Frauenforschung ohne Geld
■ Wissenschaftlerinnen planen interdisziplinäres Frauenforschungszentrum an der Leipziger Universität / Doch der Geldtopf der Uni soll ihnen verschlossen bleiben
Leipzig (taz) - Allerorten schrumpft man(n) sich fit für die Marktwirtschaft. Auch an der Leipziger Uni soll in nächster Zeit um ein Drittel abgespeckt werden. Genau zu diesem ungünstigen Zeitpunkt taucht eine Gruppe von jungen Frauenforscherinnen auf, die auch noch die maßlose Blauäugigkeit besitzt, Planstellen für ein Interdisziplinäres Frauenforschungszentrum an der Uni zu fordern. Der Prorektor für Gesellschaftswissenschaften holte die weibliche Abordnung schnell auf den Boden der Realitäten: Jetzt wird erstmal abgespeckt und ihr dient Euch erstmal auf die Tippel-Tappel-Tour nach „oben“.
Dabei ist Frauenforschung beileibe kein Exot in der Wissenschaftslandschaft mehr - international besetzen renommierte Professorinnen Frauenforschungslehrstühle. Trotz formeller Chancen von Wissenschaftlerinnen nehmen diese nicht gleichberechtigte Positionen wie Männer in der Wissenschaft beziehungsweise der Universität ein. In der bisherigen universitären Struktur finden Frauenforscherinnen und Frauenforschung noch nicht den gebührenden Platz. Deshalb braucht es eine Institutionalisierung der Frauenforschung an der KMU und damit eine gesellschaftliche Anerkennung dieser Forschungsrichtung. Frauenforschung war bisher nur Hobby- oder Freizeitforschung, ein Farbtupfer an den Sektionen, der am Rande von Großprojekten abgehandelt wurde. Soziologinnen, Geschichtswissenschaftlerinnen, Journalistinnen, Psychologinnen, Germanistinnen und Philosophinnen wollen eigene Forschungsprojekte interdisziplinär bearbeiten. Für das Herbstsemester planen sie eine Ringvorlesung an der Uni, wo Leipziger und andere Frauenforscherinnen ihre Forschungsergebnisse vorstellen. Bereits im August werden einige Frauen im Rahmen der Sommeruniversität an der Humboldt-Uni Vorlesungen und Seminare halten.
Zu diesem Zeitpunkt sollten zwei bis drei Planstellen existieren, um die Forschungs- und Vorlesungstätigkeit koordinieren zu können und für Öffentlichkeitsarbeit und Publikationen zu sorgen. Sie benötigen dazu Wissenschaftlerinnen- und eine Sekretärinnenstelle. Diese sollten dann in der Folgezeit auf fünf bis sechs Stellen ausgeweitet werden. Da dieses Zentrum das Profil der Universität Leipzig bereichern wird, erwarten sie einen großen Teil der Finanzierung aus dem Forschungsfond der Universität. Und beim Geld (sprich Stellen an der Uni) schieden sich die Geister von Uni-Leitung und Frauenforscherinnen. Maximales Angebot: An verschiedene Sektionen, die sie finanziell tragen bezüglich der Vorlesungen und Konferenzen, sollen sich die Frauen anschließen. Bloß, wo sollen's die Sektionen hernehmen, wenn der große Geldtopf der Uni kleiner wird? Uni-eigene Publikationen sind zugesagt worden - wie lange noch? Was ist, wenn Frauenforschung an den Sektionen nicht gewünscht ist? Wohin dann mit unseren Vorlesungen, wer organisiert das alles neben seiner Arbeit?
Kontakt über: Dr. Birgit Gabriel, G.-Schumann-Straße 236, Leipzig, 7022, Tel.: 7 19/29 21
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