: Frauen werden nichts im Knast
■ Frauenknast Oslebshausen: Weder Schulabschlüsse noch Berufsausbildung möglich
Die männlichen Gefangenen können was werden im Knast: Maler, Tischler, Kfz-Mechaniker zum Beispiel; außerdem können sie Schulabschlüsse nachholen. Sie sind eben viele. Pech für die 33 weiblichen Gefangenen in Bremen, daß Frauen seltener straffällig werden: Für sie gibt es im Knast keinerlei Berufsausbildung, geschweige denn schulische Abschlüsse. Ein bißchen Seidenmalerei, Nähen, zwei Stunden Deutsch, Mathe, Physik oder Englisch — „sonst gibt es schlicht und ergreifend nichts“, sagt Birka Meyer- Mews, die im Frauenknast Blockland unterrichtet.
Dabei bräuchten gerade die Frauen die Erfahrung, etwas wert zu sein und selbständig leben zu können, sagt eine der Beamtinnen — seien sie doch früher fast ständig von Männern abhängig gewesen. Das bißchen Stücklohn-Arbeit (Unterwäsche oder Zahnstocher abpacken) und auch die paar Unterrichtsstunden reichten nicht aus.
Kürzlich beschäftigte sich auch die Bürgerschaft mit dem Thema. Tenor: Wir sehen das Problem, doch extra Lehrkräfte für so wenige Frauen, das wäre zu teuer. Man hat der Deputation für Justiz das Problem zurückgegeben.
Warum nicht zusammen mit den Männern lernen, fragen Außenstehende oft. „Mit uns nicht“, antwortet Birka Meyer-Mews. 40 Männer und zwei Frauen, das sei eine Zumutung für die Frauen, eine pure Fleischbeschau. Vor Jahren gab es einen koedukativen Versuch, der aber bald abgebrochen wurde. In Vechta, wo die „Langjährigen“ einsitzen, hat man ähnliche Erfahrungen gemacht.
hier die Frau
in der Wascheküche
Der Frauenknast im Blockland: Außer Unterhosen-Einpacken nichts gewesen...Foto: Tristan Vankann
Dort gibt es als gemeinsame Ausbildung nur noch die zur Köchin und zum Koch.
Anstaltsleiter Manfred Wiegand sieht die Lage nicht ganz so aussichtslos; er zählt stattdessen allerhand Vorhaben für den Herbst auf: Mehr Kurse soll es geben, zum
Beispiel in Schreiben, Rechnen und Formulare-Ausfüllen. Vor allem aber sollen die Frauen erst mal die Voraussetzungen für eine Berufstätigkeit erwerben: Frustrationstoleranz, Ausdauer, Leistungsbereitschaft zum Beispiel. Welche Gefangene sei denn zuverlässig und erscheine auch noch am dritten Tag auf der Lehrstelle?
Solch grundlegende Verhaltensweisen könne man aber genauso gut bei einem Kochkurs oder beim Gemüseanbau erlernen. Wiegand kann sich zum Beispiel vorstellen, daß die Frauen Gerichte in einem Kochbuch zusammentragen, die auch ein Sozialhilfe-Budget nicht überstrapazieren. Eine Ausbildung während der Haftzeit kann eine Bremer Gefangene aber auch weiterhin nur außerhalb des Knastes machen können: wenn sie im Offenen Vollzug ist, wo sie nur nachts eingeschlossen wird.
Die Voraussetzungen dafür sind hoch: Es darf keine Fluchtgefahr bestehen, und auch nicht die Gefahr weiterer Straftaten. Der Offene Vollzug ist erst etwa 16 Monate vor dem voraussichtlichen Ende der Haft möglich.
Derzeit gibt es in Bremen für Frauen sechs Plätze im Offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen — ab Ostern werden es zwölf sein. Doch belegt sind sie nur mit vier Frauen. Alle anderen erfüllen die Bedingungen nicht.
Dabei ist die Fluchtgefahr bei Frauen erfahrungsgemäß sehr gering. Nicht zuletzt, weil sie offenbar die Strafe eher akzeptieren und den Knast sogar als Hilfe annehmen. Karoline Linnert, Sprecherin der Sozialdeputation, schlägt deshalb vor, weniger über Ausbildung im Knast zu diskutieren als darüber, ob man einen Frauenknast überhaupt brauche.
cis
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