: Frauen verwirren Landtag
Im Düsseldorfer Landtag wird zum Internationalen Frauentag auch das Gründungsjubiläum der europaweit größten und traditionsreichsten interdisziplinären Künstlerinnenorganisation gefeiert
VON KATJA BEHRENS
Viele Abgeornete zucken auf dem Weg ins Plenum kurz zusammen. Ein knallroter Kubus steht plötzlich dort, wo sich sonst die lästigen Lobbyisten auf Ledersesseln lümmeln und auf einflussreiche Kontakte warten. Rote Bälle sind in den Kupferstangen-Körper verstrickt, kontrastieren die farblosen Nagelkreise von Günter Uecker, dessen monumentale Arbeit schon zum visuellen Standard-Inventar des NRW-Landtages gehört.
Zur Feier des 80-jährigen Bestehens der europaweit größten und traditionsreichsten interdisziplinären Künstlerinnenorganisation GEDOK, zeigen nun 29 Künstlerinnen dort und in den Räumen der Düsseldorfer Handwerkskammer unter dem Titel „Scharf am Ball“ ihre Arbeiten. Wichtig ist, daß mit der Ausstellung an prominentem Ort auch dem Anliegen Genüge getan wird, die professionelle Arbeit der sechs GEDOK-Gruppen in NRW anzuerkennen. Die anderen Ländergruppen haben offensichtlich den Aufwand gescheut, jetzt wird allein in NRW das Gründungsjubiläum gefeiert. Dort wird allerhand Politprominenz zur Eröffnung am Internationalen Frauentag erwartet: Neben der Schirmherrin, die Landtagspräsidentin Regina van Dinther, auch die Präsidentin der GEDOK, Kathy Kaaf und die wichtigen Amtsträger aus Politik und Kultur.
Vor 80 Jahren wurde von der Hamburger Mäzenin Ida Dehmel (1870-1942) die „Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen“ gegründet. Seither engagiert sich die GEDOK e.V. bei der Förderung von Künstlerinnen und künstlerischen Initiativen. So verhalfen neben vielen anderen etwa Käthe Kollwitz, Ricarda Huch und Edith Mendelssohn Bartholdy, Ina Seidel und Charlotte Berend-Corinth dem traditionsreichen Verein zu seiner immer noch weitreichenden Bedeutung im Kampf gegen die Marginalisierung weiblicher Kunst.
Grundlegend wichtig aber scheint heute, in Erinnerung zu rufen, was die GEDOK überhaupt ist und was sie leistet. Das ist nämlich vielfach in Vergessenheit geraten: Neben der Sektion Österreich in Wien, existieren 22 regionale Gruppen in Deutschland, sechs davon eben in NRW, die alle selbstständig arbeiten, zugleich aber ein europaweites Netzwerk bilden, das nationale und internationale Kontakte bündelt. Darüber hinaus verstehen sich die 3.500 Mitglieder als ein in weiterem Sinne auch politisches Forum zur Durchsetzung und Bekanntmachung weiblicher Kunst und zur Bewußtmachung der spezifischen Arbeits- und Lebensumstände von Künstlerinnen, der Ungerechtigkeiten im Kunst- und Kulturbetrieb. Sie ist Kontaktadresse zu verschiedenen Kultureinrichtungen, zu Medien, Verbänden, Organisationen und politischen Gremien.
Ob aber das Datum des, aus Gründen der Gesichtspflege sowieso schon populär besetzten, Internationalen Frauentages sich im Blick auf die Sache als positiv oder als eher unglücklich herausstellt, muß vermutlich offen bleiben. Eignet sich doch ein solcher Tag besonders gut, um politisch Punkte zu sammeln. Dies aber könnte den Effekt haben, daß die gezeigte engagierte und kritische weibliche Kunst letztlich doch eher der Dekoration und als Hintergrundstaffage dient, daß sie der politisch-räumlichen Institution der Jubiläumsfeier, dem Landtag nämlich, die Absolution politischer Korrektheit erteilt. Denn letztlich leistet die GEDOK mit viel individuellem Engagement genau das, was eigentlich Aufgabe der Politik ist: die Förderung künstlerischer Kreativität.
„Scharf am Ball“ Bis 26. März, Landtag NRWBis 23. April, Handwerkskammer