Frauen und Körperkult: Der freie Zwang zur Sexyness
Aus der Freiheit, den eigenen Körper zu präsentieren, ist das Diktat der ständigen Sexyness der Frau geworden. Woher der Zwang zu Intimrasur, Miniröckchen und Quetsch-Schuhen kommt.
An einem Samstagabend in der Straßenbahn. Neben mir steht eine Gruppe von zwei braven jungen Männern um die 20 und zwei Teenie-Mädchen. Beide tragen trotz der Kälte kurze Röcke, dünne Strumpfhosen und Pumps mit sehr hohen Absätzen. Die Füße der einen sind so weit nach vorne gerutscht, dass ihre Fersen bei jeder Bewegung am Schuhrand scheuern. Die Füße der anderen quellen über die Ränder der zu kleinen Schuhe und haben sich bereits rot verfärbt. Als ein Platz frei wird, setzt sich der eine junge Mann - im bequem-unauffälligen Freizeitlook - sofort hin, das ihm zugeordnete Mädchen bleibt freundlich lächelnd stehen. Ich kann nicht aufhören, auf ihre geschwollenen Füße zu starren. Was für ein Durchhaltevermögen.
Diskussionen über einengende Bekleidungsvorschriften, Reformkleidung und Anti-Fashion, also historisch essenzielle Themen der Frauenbewegung, sind heute mausetot - und wenn sie doch noch mal aufgescheucht werden, dann nur noch, damit kichernd über den "Schlabberlook" der Feministinnen der 1970er-Jahre der Kopf geschüttelt werden kann.
Zum "erlaubt ist, was gefällt" wird besonders von emanzipierten Frauen gerne ein erleichterter Seufzer ausgestoßen. Damit grenzt man sich von der vermeintlichen Unsexiness der "befreiten" Müttergeneration ab. Natürlich ist es genau das, worum es bei der Abstreifung von Normen gehen muss - aber warum wird diese Freiheit heute so restriktiv genützt? Warum pochen heute Feministinnen auf das reichlich lästige "Recht", sich ihre Beine rasieren zu dürfen, während ganz junge Mädchen nolens volens die komplette Intimrasur praktizieren, weil alles andere in der Clique als "eklig" gelten würde? Warum führt die größere Freiheit, die durch Jahrhunderte von Reformkleidern, Bloomer Fashion, Frauenhosen und Hippie-Wallegewändern für Frauen erkämpft wurde, nur dazu, dass immer strengere Standards bestimmen, was nun sexy sei und was nicht? Und warum müssen eigentlich auf einmal dauernd alle sexy sein wollen?
Die Antwort ist so einfach wie komplex: weil das, was früher in erster Linie als externer Zwang wahrgenommen wurde, heute nach innen gerutscht ist. Wo zwischen unförmigen Hiphop-Baggy-Pants und Pornodarstellerin im Moderepertoire theoretisch alles möglich ist, gilt das Primat der Freiwilligkeit. Und auch wenn immer mehr junge Buben mit gezupften Brauen, eingegeltem Haar und bratwurstbraunem Solarium-Teint auftauchen, gilt jenes doch vor allem für Frauen.
Die Disziplinierung des möglichst normgerecht erotischen Körpers - die Normen gibts gratis aus der Mainstream-Popkultur - geschieht eben nicht, weil man bzw. frau muss, sondern weil sie will. Und gegen Freiwilligkeit lässt sich schwer argumentieren. Ein Selbstentwurf abseits von den unrealistischen Glamour-Figuren aus Clips und Werbungen wäre ja leicht möglich, erschiene aber umso viel weniger begehrenswert als die machtvollen Vorbilder aus endlos langen Streichholzbeinen, Minitaille und Superbusen - um deren Manipulation durch Photoshop und Konsorten man selbstverständlich weiß, die aber gerade durch diese Unerreichbarkeit umso wirkungsmächtiger werden.
Ist das nun selbstbestimmt sexy - oder sexistisch? Es wäre schön, wenn mit dem neofeministischen Slogan "Frauen dürfen sexy sein wollen, aber sie dürfen es nicht müssen" alles gesagt wäre. Ist es aber nicht. Nachdem sich in den 1990er-Jahren zumindest in alternativen Kreisen zunächst ein sensiblerer Umgang mit möglichen Diskriminierungen durchgesetzt hatte, wurden wir ungefähr zur selben Zeit mit einer Armada von "ironischen" Bildern bombardiert. Fotos von Frauen in dämlich-aufreizenden Posen, gerne "retro", oder auch mal von Schwarzen mit dicken Lippen und grellweißen Augen, waren nun nicht mehr sexistisch oder rassistisch, sondern sie waren "lustig". Und hey, wer keinen Spaß versteht, ist einfach nur verkrampft.
Dabei ist Sexismus auch heute noch omnipräsent. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass auf Plakatwänden und im Fernsehen Waren mit sexuell anziehenden Frauenkörpern verkauft werden, dass uns das nicht ausbeuterisch, sondern ganz normal vorkommt. Wir finden es verständlich, dass Politikerinnen - Stars der Unterhaltungsbranche natürlich sowieso - immer damit rechnen müssen, dass ihr Äußeres einer erbarmungslosen Analyse unterzogen wird, während Männer nur bei auffälligsten Style-Querschlägern mit Kommentaren zu rechnen haben. Und so erscheint es eben auch normal, dass Frauen sehr viel Zeit, Energie und Geld darauf verwenden, gut und sexy auszusehen, und Faktoren wie Bequemlichkeit oder Beweglichkeit außer Acht lassen. Sie müssen ja nicht, sie wollen nur - weil sie sich dann "wohler" fühlen.
Es vermittelt Sicherheit, zu entsprechen, zu genügen. In der Drag-King-Szene gibt es dafür den schönen Begriff des "passing" - also ungeachtet des biologischen Geschlechts in der Öffentlichkeit als Mann durchzugehen. Was hier einen spielerischen, überschreitenden Charakter hat, wird von vielen Frauen täglich in langwieriger Arbeit am eigenen Körper aufgeführt, um in der Gesellschaft als "echte" und damit möglichst attraktive Frau "durchzugehen".
Die immer unrealistischeren Anforderungen an junge Frauen, sexy, schlank und zu allen Demütigungen bereit zu sein wie ein werdendes "Supermodel", werden zwar mitunter kulturpessimistisch kritisiert. Doch geschult und abgestumpft durch unzählige Make-Over-Sendungen, Schönheits-OP-Tests und Attraktivitäts-Vergleich-Shows, hat sich die Bewertung von jungen Körpern, vor allem denen von Frauen, anhand ihrer sexuellen Attraktivität als selbstverständlich etabliert. Dabei ist das Belohnungssystem in seiner Paradoxie durchaus frustrierend: jene Frauen, die als besonders sexy gelten, werden oft auch als jene gebrandmarkt, die zu viel Energie für ihr Äußeres verschwenden und letztlich dumm und wertlos seien.
Wie also mit diesen doppelten Botschaften umgehen? Zumindest so: froh sein, dass es schon drei Wellen von Feminismus gab und gibt, die uns mit einem größeren Arsenal an Widerstands-Potenzialen ausstatten, als es zunächst den Anschein hat - und sich in Erinnerung rufen, dass neben einer hypersexualisierten Norm auch massenhaft Nischen von Emo-Boys über Kampfsportgirls bis zu aufgeklebten Mädchenbärten zu finden sind. Froh darf man zum Schluss auch darüber sein, dass sich im kulturellen "Untergrund" nicht normierte Idole tummeln wie die dicke Beth Ditto von der Band The Gossip oder die maskuline JD Samson von der Band Le Tigre. Die sind sexy, weil sie Selbstbestimmtheit und Autorität ausstrahlen und sich nicht, im wahrsten Sinne des Wortes, klein machen oder in aktuelle Schönheitsnormen quetschen lassen.
SONJA EISMANN, 36, ist Herausgeberin von "Missy Magazine. Popkultur für Frauen" und trägt wie ihre Mutter nur selten unbequeme Schuhe
Leser*innenkommentare
Nadine
Gast
Man sollte sich einfach nicht beirren lassen!
Jeder sollte das anziehen,womit er sich wohlfühlt!Auch wenn meine Exfreunde manchmal nicht begeistert waren,wie ich mich kleide und meinen Körper nicht verändere,nur weil sie es so wollen,verändere ich nichts an mir ihretwillen.Ich trage nur bequeme Kleidung (kein Schlabberlook,aber bequem)und mache das,was ich will.Ich lasse einen Kurzhaarschnitt machen,wenn ich das will z.b. auch wenn mein Freund es nicht so schön findet ,es ist mein Körper.Kein Mann der Welt ist es wert,sich zu verändern,wenn man es nicht will, nur um schön gefunden werden zu wollen.Klar möchte man attraktiv sein,aber so bald einer sagt:Ey,ich steh auf lange Haare,rote Lippen etc. sollte frau das Gegenteil machen!Das ist mein Feminismusverständnis!
Mazza
Gast
guter und wichtiger artikel - ich wundere mich, wie junge frauen sich heute fremdbestimmen, uniformieren lassen - sich dem diktat der mode-/porno-industrie unterwerfen und das auch noch als freiheit definieren.
das ist typisch für eine unpolitische und unkritische
generation , die sich nur auf ihre eigene bedürfnisbefriedigung beschränkt. die frauenbewegung der 70iger jahre hat das kommerzialisierte kapit. system von fremdbestimmung und ausbeutung früh erkannt und kritisch hinterfragt. wer meint, feminismus mit naserümpfen zu begegnen, hat in wirklichkeit wenig ahnung über die feministische theorieforschung.
ich kann Sonja Eismann nur zustimmen - sie ist eine kluge frau und hat recht "nicht normierte idole sind sexy, weil auch diese unsere porno-sex-mode-kultur kritisch hinterfragen und sich bewusst von der vorgegebenen gesellschafts-norm absetzen". was ist so schön daran, wenn junge frauen sich wie modelle auf dem laufsteg uniformieren , von magersucht, diätwahn bestimmen lassen - wenn sie ihren eigenen körper durch operationen ummodellieren wollen, nur um zu gefallen? ich habe leider festgestellt , je mehr frau sich diesen zwängen unterwirft, desto geringer ist ihr eigenes selbstwertgefühl.
Wee*Skillz
Gast
Also erstmal muss ich das schreiben das ich bei sehr vielen Internetartikeln geschriebn habe.
Respect für einen Text der 80% Fremdwörter enthält. Happy Birthday! Das ist für mich das erkennungsmerkmal das jemand entweder aufmerksamkeit braucht oder jemand der seine eigene Meinung nicht genau kennt und somit nicht auf den Punkt kommen kann.
Achso und Kommentare von wegn:'naja wenn ungebildet dann hier und da bildungslücke haptschule bla kleines kind lalala' brauchen nich geschrieben werden weil ich diese seite niemals wieder besuchen werde.
Um zum Thema zu kommen, ich bin jetz genau in dem alter von dem ihr redet (18). jedenfalls bin ich der meinung das es immernoch jedem überlassen ist was er für sexy hält und was nicht und es ist ja auch immer so gewesen das sich der großteil der jugend an erwachsenen ihrer zeit ein vorbild genommen haben. Heutzutage is das natürlich n bisschen anders da die stars die ihr platten video styles und so an die jugend weitergeben selbst meist noch jugendliche sind. Und wie is das bei jugendlichen immer gewesen? Immer muss was neues her, noch augefallener noch provokanter
noch härter und natürlich noch 'sexyer' (kp obs das wort gibt aber ihr wisst was ick meine)
Die Mädels heutzutage fühlen sich doch wohl mit ihrem style. und jetz barauch mir hier niemand Ü30 mir erzähln da stimmt nich. klar isses bestimmt arsch kalt im winter mit minirock raus zu gehn aber es gibt doch keine sendung oder keine zeitung die einem vorschreibt so auffe bahn zu gehn. das machen die mädels weils gut aussieht und weils ihnen gefällt. und uns jungs natürlich auch =). den selben grund haben wie jungs ja pumpen zu gehn und ins solarium und so wir wollen ja auch gut aussehn und ich mein 5 ma die woche zum fitness is auch nich das was ich in der freizeit für entspannend oder lustig halte.
abschlißende worte: ich will meiner umwelt gefallen weil mir meine umwelt gefällt. niemand tut etwas ohne einen hintergedanken
Birgit
Gast
Bei einem Thema wie diesem, fühle ich mich manchmal wie ein kleines Kind, das zwischen seinen streitenden Eltern steht und sich fragt: "Was zur Hölle hat das ganze mit mir zu tun?" Ich bin weder eine der Frauen, die sich morgens vor dem Spiegel noch mal absichert ob sie auch sexy genug für die Straßenbahn ist, noch lese ich Magazine, die die Unabhängigkeit der Vulva propagieren. Mit Beth Ditto kann ich mich auch nicht identifizieren. Ich bin zwar froh um jedes Tenniemädchen das ein Poster von ihr übers Bett hängt, als das einer hirnlosen KirschenundLolli-Braut wie Katy Perry. Vom musikalischen Anspruch mal abgesehen. Und offensichtlich schadet es jungen Mädchen nicht ein sexuelles Vorbild zu haben um nicht zu verklemmten Blümchensexpartnerinnen heranzuwachsen. Trotz allem ist Ditto für mich vor allem eines: Tits&Ass. Eine Frau zieht sich aus. Ob nun mit Übergewicht oder ohne. Und das ist es an was man sich später erinnern wird.
Also auf welche Seite stellt sich die Durchschnittsfrau?
Zum einen bin ich wirklich sehr froh, dass Frau Eismann so treffend formuliert, was sich viele intelligente Menschen (und ich spreche nicht nur von Frauen) sowieso schon dachten. Andererseits kann ich der Argumentation nicht immer ganz folgen. Für mich stellt sich sowieso eher eine andere Frage. Warum bestehen Frauen heutzutage in jeder Lebenslage auf ihre Weiblichkeit? Immer immer immer muss alles was sie tun möglichst weiblich sein. Ob nun die antrainierte Sexyness oder wie im Fall Ditto die (auch etwas erzwungen wirkende) sexuelle Provokation, oder aber die in Eismanns Artikel geforderte Unabhängigkeit davon. Feminismus ist eine tolle Sache, aber manchmal kommt es mir eher vor als wäre es nur eine Rechfertigung dafür, eine Frau zu sein. Und damit eine weitere Unart, einen Menschen auf sein Geschlecht zu reduzieren. Das íst dann wohl eher kontraproduktiv. Ich persönlich kann von mir behaupten, nicht nur weibliche Vorbilder zu haben, und ich betone das vor allem deshalb, weil es einigen Frauen nicht schaden könnte mal über den Tellerrand zu schauen und sich nicht immer nur an emanzipierten Geschlechtsgenossinnen zu orientieren. Von Männern habe ich im Laufe der Jahre gelernt, dass man auch ab und zu niemandem gefallen darf.
Meistens interessiert mich die Feminismusdebatte auch gar nicht so richtig. Ich halte den Mund und denke mir: "Darüber hab ich schon mit 19 Jahren nachgedacht." Aber manchmal, so wie in diesem Fall, macht es mich einfach wütend. Dann möchte ich am liebsten das Fenster aufreißen und laut schreien: "Dann bin ich eben unweiblich! Fickt euch ins Knie, ihr Bitches!"
Ich würde sagen:
Gast
Erstkommentatorin hat den Nagel auf den Kopf getroffen: das Codewort ist „Dummheit“ oder etwas höflicher ausgedrückt, mangelnde Denkfähigkeit, um zu erkennen, was hier abläuft, und warum.
Schon früher gab es dieselben Erscheinungen, allerdings nicht in der extremen Form wie wir sie heute sehen.
Zwei grundlegende menschliche Bedürfnisse liegen dem zugrunde:
1. das Bedürfnis, zu einer Gruppe zu gehören, die gemeinsame Werte und Normen hat.
2. der Wunsch, sich von der „Masse“ anzuheben, etwas Besonderes zu sein, und dieses nach außen zu zeigen.
Schon zu Urzeiten trugen die Mitglieder eines Clans gemeinsame Stammeszeichen, während einzelne sich davon abhoben, durch z.B. den Häuptlingskopfschmuck, oder die Zähne des erlegten Bären als Auszeichnung für besondere Tapferkeit.
In den frühen 60er und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatten wir im Gefolge der aufkeimenden Popkultur verschiedenste Gruppen, wie Mods, Teds, Rocker, etc, die Hippiebewegung, später Punks, usw., die sich alle durch bestimmte Kleidung, Haartracht, Verhaltensweisen, voneinander abgrenzten.
Innerhalb dieser abgegrenzten Gruppen gab es immer besonders schrille Typen, die sich durch ihre Erscheinung von der Gruppe abhoben.
Damals waren diese Gruppen oft lokal ziemlich begrenzt, was sich durch die Entwicklung der Massenmedien und des Internets dann drastisch änderte.
Plötzlich fanden durch Videoclips, anfangs über MTV, VIVA, heute im Web, einzelne Popstars, Gruppen, Schauspieler blitzschnell weltweite Verbreitung und konnten ihre Message, wie man cool auszusehen, zu sprechen und sich zu bewegen hat fast planetenweit verbreiten.
Und sie fanden in Kindern und Jugendlichen, die in einer Phase zunehmender Auflösung familiärer Strukturen, mit TV Geräten in immer mehr Kinderzimmern, berufsbedingter Abwesenheit der Eltern, Mobiltelefonen als Insignie des „Erwachsenseins“ bereits in Kinderhand, immer mehr Einflüssen von außen durch Werbung, gleichzeitig mit enormem finanziellem Potential, einen gut vorbereiteten Nährboden, der diese Informationen aufsog wie ein ausgetrockneter Schwamm.
Industrie und Handel erkannten sehr schnell, was für eine Goldgrube sich da für sie aufgetan hatte und reagierten mit spezifischen Angeboten, die oft mit unterschwelligen Botschaften verkauft wurden wie „Du bestimmst, was du willst“, „Wir gaben dir, was du willst“, „deine Meinung ist wichtig!“, „Du entscheidest“ und trafen damit exakt die Bedürfnisse der Betroffenen, die meist noch auf der Suche nach eigener Identität, durch solche Sprüche glaubten, sie würden selbst eine individuelle Entscheidung treffen, während sie in Wirklichkeit nur vorgefertigte Allerweltsprodukte kauften oder sich wie Abziehbilder der „Stars“ und Meinungsführer, überall auf der Welt gleich anzogen oder verhielten.
Gleichzeitig wurden dann, um sich wieder von der Masse abheben zu können, „individuelle“ Handyschalen, Klingeltöne, Bekleidungs-Accessoires verkauft, Dinge wurden „personalisiert“, um wieder einen Hauch von Unverwechselbarkeit in einer Welt von lauter Kopien und Klischees zu erreichen.
Dasselbe Spiel findet auch in der Erwachsenenwelt statt, dort sind es die Automarken, Möbel, Parfums, Handys, Kameras, Computer, Designerkleidung, oder als „Limited Edition“ verkaufte Waren, die in einer immer gleicheren Welt so etwas wie Exklusivität versprechen.
Leider erkennen die Betroffenen nicht, dass sie nur benutzt werden, und anstatt eigener Persönlichkeit nur Schwäche, Mitläufertum, und scheinbare Selbstbestimmung zeigen, in Wirklichkeit jedoch nur Marionetten sind.
Und gleichzeitig wurden die verschiedenen von außen „verordneten“ Modediktate teilweise so verinnerlicht, dass sie schließlich als eigene Entscheidungen verstanden und nach außen vertreten wurden. Sehr schön auch hier in einigen Kommentaren zu beobachten.
Letztendlich geht es hier um eine nicht erkannte Fremdbestimmung, die zur eigenen Entscheidung stilisiert wird, weil man ja erwachsen und „selbstbestimmt“ ist.
Ähnliches findet statt bei den Musliminnen, die sagen, „ich will mein Kopftuch tragen“, obgleich es sich dabei eigentlich um ein aus Besitzdenken von Männern aufgezwungenes Verhalten handelt, das aber inzwischen als eigene Entscheidung betrachtet wird.
Ichgebdochsowiesoniemeinenechten Namenein
Gast
Ein insgesamt ärgerlicher Artikel, allenfalls viertelemanzipiert in seiner insgesamt etwas holprig umrissenen Perspektive.
"Fashion victim" ist doch ohnehin ein immergrüner Begriff, gerade in Deutschland; und es sollte eben genau nicht weniger, sondern noch sehr viel mehr und aggressiver über die freiwillig Uniformierten gespottet werden. Am besten in deren Hörweite.
"Gruppenzwang" dagegen hat als Entschuldigung für selbstverschuldete Unmündigkeit schon lange ausgedient. Spätestens seit Asch und Milgram wissen wir, dass solche devoten, charakterschwachen Mitläufernaturen die allerübelsten potentiellen Nazis abgeben.
Wer sich solch dämlichem Gruppendruck wie den hier geschilderten Beispielen unterwirft, ist einfach schwach und absolut selbst schuld. Kein Mitleid, im Gegenteil: Reichlich Hohn, Spott, Schadenfreude brauchen diese Menschen. Das ist im Übrigen ein vielversprechenderer Weg, solche Opferlämmer von ihren "Mode""entscheidungen" dialektisch loszueisen.
Und weiter: Ricky Gervais hat vollkommen recht, dass sich noch viel zu *wenig* über fettleibige Menschen lustig gemacht wird. Mehr gesellschaftlicher Druck muss her, damit die ekelhaften, ungesunden Schwabbelmassen mit Gewalt runtergehungert werden. Sei schlank, oder die trying. Life's too short to dance with fat chicks... es sei denn, Mann steht drauf. Was wiederum, dem Stereotyp zufolge, vor allem in Kulturen der Fall ist, in denen schonmal öfter ein minderjähriges Mädchen nach einer Gruppenvergewaltigung (einer echten.) als Ehebrecherin zu Tode gesteinigt wird. Andererseits ist in solchen Kulturen auch Intimrasur zumeist alte Tradition und nicht "Mode""diktat".
Deutsche Deppenprobleme müsste man haben. Und wer unbequeme Klamotten trägt oder für sexy hält, ist genau das: schlicht und ergreifend dumm. Das also ist wohl die Kernaussage des Artikels: Es gibt viele dumme Menschen und sie werden immer mehr und immer dümmer. Hut ab vor solcher Einsicht. Hüte werden ja leider kaum mehr getragen: Geil anzuschauen, aber durchaus unpraktisch in unserer Indoor-Gesellschaft.
Christian
Gast
Sandra P., genau das steht ja im Artikel.
Und Sunny, etwas weniger pseudowissenschaftlicher Frauen-Männer-einparken-Schwachsinnsmodebuch-Habitus und etwas mehr "Wir wissen eigentlich kaum mehr in puncto 'nature versus nurture' als vor 20 Jahren" stünde auch dir gut.
Martin R.
Gast
Als Arzt in einer Allgemeinarztpraxis hatte ich desöfteren Jugendschutzuntersuchungen vor Beginn einer Lehre an jungen Frauen (=früher Mädchen) und Männern (=früher Jungs) durchzuführen. Auffällig für mich mittlerweile 43 jährigen Sack war die im Vergleich zu meiner Jugend überbetonte körperliche Definition des Wertes in der Gesellschaft, Ganzkörperrasur (Kopfhaut ausgenommen) wird zur Pflicht, alles andere ist eklig. Dass ich so einen rasierten nackten Körper eklig finde hat noch keiner der jungen Menschen zu hören bekommen, aber zu meiner Pubertätszeit war der Haarbewuchs in Achseln und Leiste bei Männlein und Weiblein normal, eine Rasur fand nicht statt....
OK, so richtig erwachsen als Mann war ich dann als ich meinen Flaumbart rasieren "musste" um den gesellschaftlichen Normen zu genügen, zuerst stehengelassen, dann Kommentare wie "das kitzelt beim Küssen", was sollte ich tun, also weg mit dem Haarwuchs am Kinn.
Heute ist nicht nur das kitzeln unangenehm, allein der Gedanke beim Oralsex, welcher ja heute auch zum Muss degradiert ist und nicht zum Ausdruck großer Vertrautheit dient, also wenn mann/frau da auch noch Haare im Mund hat, nee, igittigitt..
Also kurze Rede langer Sinn, es hat sich viel verändert, der "Prachtarsch" von damals ist tabu, dafür muss ein "Arschgeweih" her. Und die Frau ohne BH mit emanzipatorisch sich bewegenden Brüsten ist aus Angst vor den doch drohenen "Hängetitten" aus meiner Kneipen- und Szenelandschaft verschwunden. (Vieleicht bei den älteren weil die Dinger tatsächlich nun hängen und bei den jüngeren eben wegen dieses Beispiels, Silikon hält ja nun mal besser straff als atrophiertes Fettgewebe...).
Jede Zeit so wie sie es verdient, heute eben kein Korsett sondern Magersucht, kommt äusserlich auf das gleiche raus, die frauliche Afri-Colaflasche (kennt die noch jemand, die Afri-Cola und die Bluna?) die den animalischen Trieb des Mannes fördern soll. Leider nicht nur immer bei den erwünschten Männern...........
Alles Kacke, kümmerts euch doch mal um vielleicht wichtigeres Zeug als um nackte Muschis oder bloßgelegte Pimmels. Vom Sinn und Unsinn der Modeindustrie mit immer neuen (evtl. wiederkehrenden) Vorstellungen getrieben.
Wer heutzutage Erfolg haben will geht zu Dieter Bohlen und blamiert sich vor Millionenpublikum in Seiner/Ihrer Dummheit............
Und wer heutzutage Geld mit Schreiben verdienen muss bringt einen nichtssagenden "Zeitgeistartikel" in der TAZ.
traurig das ganze
SINdy
Gast
Es ist auch ein Zeichen von Emanzipation, das wir Frauen uns heute SO anziehen dürfen, wie wir es wollen.
Ob wir uns schlampig und billig oder edel und gediegen anziehen, darüber entscheiden nicht mehr unsere Ehemänner und Väter. Sondern WIR!
Klar, das allgemeine Schönheitsideal ist uns allgegenwärtig.
Aber wenn man hier im Artikel von 20jährigen spricht, dann sind das ja auch noch keine Frauen im eiegtnlichen Sinne.
Das sind Mädels, junge Frauen, die den "Schuss noch nicht gehört haben".
Erst mit den Jahren lernen sie, wie Selbstbestimmung wirklich funktioniert.
Ich empfinde Enthaarung und Diäten nicht als Zwang, sondern als Mittel um mich selbst attraktiver zu finden, obwohl das mein Partner nicht so sieht.
Ich brauche niemanden gefallen ausser mir.
Mary
Gast
"Dabei ist das Belohnungssystem in seiner Paradoxie durchaus frustrierend: jene Frauen, die als besonders sexy gelten, werden oft auch als jene gebrandmarkt, die zu viel Energie für ihr Äußeres verschwenden und letztlich dumm und wertlos seien."
Zum Beispiel in diesem Artikel? Diese angebliche Kleiderkritik ist nichts weiter als ein feministisches wiederaufleben lassen der Heilige-Hure-Dichotomie jetzt in Gestalt der klugen und starken Feministin in flachen Schuhen und des uralten sexistischen Klischees des oberflächlichen und leichtfertigen geschminkten Mädchens (jetzt Girlie) als Gegenbild. Warum wenden Sie sich sonst nicht Gothics oder Punks zu, die viel mehr Geld oder Zeit in ihre Kleidung investieren (von der bequemlichkeit schwarzer Kleidung im Sommer ganz zu schweigen). Oder kritisieren die "bequeme" Kleidung des jungen Herren in der Straßenbahn, die Marken die auf solchen Pullis stehen kosten viel Geld für ein bisschen Selbstdarstellung.
Shaquana
Gast
Dieser Artikel bedient wieder das alte Vorurteil, unter etwas anderen Vorzeichen: Frauen werden nun auch von der TAZ danach beurteilt, wie sie sich anziehen. Kein Wunder, dass junge Mädchen häufig mit den Augen rollen, wenn das Wort "feministisch" fällt...
Name
Gast
@ bukobruck
"Haben Sie noch nie eine Gruppe Frauen über die Klamotten eines männlichen Zeitgenossen herziehen hören?"
Doch schon, nur hat das für mich nicht zwangsläufig mit dem sogn. Modediktat zu tun, sondern eher mit dem typischen "Geplänkel" zwischen den Geschlechtern. Interessant daran ist ja, eine Frau allein zieht kaum über männliche Zeitgenossen her, meist doch nur in einer Gruppe.
Und das bringt mich wieder zum Gruppenzwang unter Frauen, bzw. den Zwang zur Sexyness, oder, zu einer fragwürdigen Emanzipation, wenn es sowas wie wirkliche Emanzipation überhaupt gibt, aber das würde hier wohl zu weit führen.
Birgit
Gast
Danke, liebe Sonja Eismann, schön, auch mal wieder in der taz einen explizit feministischen Artikel zum Thema "Körper" und "Normierungen" zu lesen. Das Thema scheint, so aktuell es augenscheinlich bei all den Casting-Shows etc. ist, ziemlich von der Bildfläche verschwunden zu sein. Mehr davon!
Marta
Gast
Gegen den "Zwang zur Sexyness" kann ich nur den Islam empfehlen.
Schnell den Tschador oder die Burqa übergeworfen, und man ist perfekt angezogen. Die Verschleierungspflicht, wie sie ofiziell im Iran und in Saudi-Arabien und inofiziell in weiten Teilen außerhalb der städtischen Zentren der islamischen Welt herrscht, schützt frau auch vor unlauterer Konkurrenz.
Schwestern, die wahre Freiheit gibt nur unterm Schleier.
Der Ehemann ist darüberhinaus auch gesichert, den die Familie sorgt traditionellerweise schon frühzeitig dafür, dass frau verheiratet wird und so die Gefahr für die Ehre vermindert wird.
Und dann für den Rest des Daseins ein wahrhaft weibliches Leben aus Mutterschaft und den nie aufhörenden Geprächen mit den Schwestern und Freundinnen.
bukobruck
Gast
Hier entsteht der Eindruck, dass Männer keinem Modediktat unterliegen. Haben Sie noch nie eine Gruppe Frauen über die Klamotten eines männlichen Zeitgenossen herziehen hören?
Name
Gast
"Warum führt die größere Freiheit, die durch Jahrhunderte von Reformkleidern, Bloomer Fashion, Frauenhosen und Hippie-Wallegewändern für Frauen erkämpft wurde, nur dazu, dass immer strengere Standards bestimmen, was nun sexy sei und was nicht? Und warum müssen eigentlich auf einmal dauernd alle sexy sein wollen?"
Die Revolution frißt ihre eigenen Kinder.
So wie es oftmals aussieht, stecken wohl die Frauen in ihrer sich selbst geschaffenen Emanzipantionsfalle. Toll.
Man könnte aber auch sagen, die Emanzipation ist voll gescheitert, zumindest in der Frage der Sexyness in der "Mode".
Denn wenn man sich mal anschaut, es sitzen doch zu einem großem Teil Männer in den Redaktionen, sei es von diversen Zeitschriften oder von diversen Fernsehsendern. Und da wo doch Frauen was zu sagen haben, folgen sie doch meist den ausgetretenen Wegen ihrer männlichen Kollegen, oder diversen Designern etc., oder wie auch im Grafikbereich, wo auch Frauen via Photoshop anderen Frauen die Falten "wegbügeln".
Sunny
Gast
Wir nähern uns dem Ende der sexistischen Argumentations-/Emanzipationspirale und es stellt sich zunehmend heraus, dass Frauen mehr Gefallen daran finden, sexuelle Attraktivität zu provozieren als Männer, und irgendwie hinterlassen Männer in Sachen Werbestress den relaxteren Eindruck. Dafür sind sie gefühlskalt, oberflächlich und sterben früher - vermutlich weil sie ihr Lebtag lang unter Potenzängsten leiden.
Ist doch schön, dass wir das alles ... so langsam ... jetzt wissen.
Sandra P.
Gast
Ihre Kritik in allen Ehren, aber ich fühle mich keineswegs gezwungen, mich sexy zu präsentieren und rasiere mich auch nicht "nolens volens", sondern weil ich es als angenehm empfinde.
Man sollte nicht jede Frau, die auf ihr Äußeres achtet, gleich als verblendetes, leidendes Wesen darstellen.
anke
Gast
Nein, sie merken es wohl tatsächlich nicht, die neuen Feministinnen dieser Republik. "Die [nicht normierten Idole Beth Ditto und JD Samson] sind sexy, weil sie Selbstbestimmtheit und Autorität ausstrahlen und sich nicht, im wahrsten Sinne des Wortes, klein machen oder in aktuelle Schönheitsnormen quetschen lassen", schreibt Sonja Eismann, und es fällt ihr offenbar gar nicht auf, dass sie damit lediglich ein Klischee durch ein anderes ersetzt.
Im Tierreich, das lehrt heutzutage fast jeder Bio-Lehrer, dient ein auffälliger Federschmuck lediglich dazu zu signalisieren: 'Ich kann's mir leisten!' Wer einen Schweif durch die Baumkronen trägt, der jedem faulen Raubtier eine willkommene Gelegenheit zur Schonung der eigenen Kraftreserven bietet, der kann nach dem Willen von "Mutter Natur" andere damit beeindrucken. Vorausgesetzt natürlich, er überlebt seinen Leichtsinn lange genug. (Lange genug zumindest, als dass andere einen Augen-Blick werfen könne auf den Helden des Spektakels.) Seltsam, wie gut diese uralte "Strategie" noch heute funktioniert – sogar in öffentlichen Verkehrsmitteln. Was für ein Durchhaltevermögen muss man haben, um mit geschwollenen Füßen in viel zu engen, dafür aber auch in viel zu hohen Schuhen neben einem Kerl auszuharren, der es sich in bequemen Tretern und legerem Outfit so richtig gut gehen lässt zwischen den Haltestellen? Gar keins, nehme ich an. Man braucht nur eine gehörige Portion Dummheit. Die Menge etwa, die auch ein Kakadu aufzubringen in der Lage ist.
So weit, so klar. Was aber ist, wenn die unbequemen Pumps durch die sogenannte Selbstbestimmtheit und der Minirock durch vordergründige Autorität ersetzt werden? Dann sind die Schwanzfedern als solche offenbar gar nicht mehr erkennbar. Klar, der Fuchs kann einen noch immer holen, wenn man hängen bleibt im Dickicht gesamtdeutscher Feldflurhecken, weil die Autorität und die Selbstbestimmtheit, die man mit sich herumträgt, viel zu schwer sind für eine eher schwache Konstitution. Aber dieses Risiko, nicht wahr, trägt man gern. Weil man annehmen darf, dass Gleichgesinnte sich davon beeindrucken lassen. Egal, ob sie nun dem eigenen Geschlecht angehören, oder einem anderen.