: Franz Josef Strauß und die Gelüste auf eine Atombombe
■ Die Bombe als Lebensziel des Franz Josef Strauß / Er vereinbarte 1957 mit dem französischen Verteidigungsminister die Konstruktion von Atomwaffen / Erst de Gaulle stoppte Zusammenarbeit
Aus Nürnberg Bernd Siegler
„Es gibt in der Bundesrepublik eine politische Logik, die in Richtung einer Option für eine deutsche oder westeuropäische Nuklearrüstung hindeutet.“ Friedensforscher Alfred Mechtersheimer weiß, wovon er spricht - und von wem. „Von Atomen zu Kanonen, dieser Weg muß sich jetzt lohnen“, so warb die CSU–Landesleitung 1956 für Franz Josef Strauß. Wie Bertrand Goldschmidt, in den 50er Jahren Verantwortlicher für internationale Geschäfte beim „Commissariat a lEnergie Atom ique“ (CEA), der taz erklärte, vereinbarte F.J. Strauß im Jahre 1957 mit dem damaligen französischen Verteidigungsminister Bourges Maunoury die Entwicklung und Forschung „moderner Waffen“. Gemeint sind Atomwaffen. Wenn am kommenden Sonntag in Bayern gewählt wird, wird ein Mann als Ministerpräsident bestätigt, der immer konsequent für die atomare Aufrüstung eingetreten ist. Vor 31 Jahren als Atomminister inthronisiert, ein Jahr später ins Verteidigungsministerium auf der Hardthöhe gewechselt, hatte Strauß günstige Voraussetzungen, seinem Lebensziel tatkräftig näherzukommen. Von völkerrechtlich verbindlichen Verträgen ließ sich der junge Minister damals schon nicht schrecken. Trotz des 1954 in Paris erklärten freiwilligen Atomwaffenver zichts der BRD vereinbart Strauß im Januar 1957 mit dem französischen Verteidigungsminister anläßlich eines Besuches von französischen Raketenbasen in der Sahara die Entwicklung und Forschung von Atomwaffen. Ein Jahr später lädt Strauß seine Kollegen aus Frankreich und Italien zum gleichen Thema nach Bonn ein. Erst de Gaulle beendet das trilaterale Atomwaffen–Tete–a–tete. Im April 1957 erklärt Strauß im Bundestag, daß er hinsichtlich der Ausrüstung der Streitkräfte mit taktischen Atomwaffen innerhalb der NATO „Gleichberechtigung verlange“. Als es am 20.Februar 1974 im Bundestag um das Votum für den Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen, geht, bleibt der Arm von Strauß konsequenterweise unten. Er befindet sich dabei in der guten Gesellschaft von den heutigen Ministern Zimmermann, Wallmann, Dollinger, Kiechle, Schneider, Warnke, Windelen und Wörner. Wenn der Atomwaffensperrvertrag 1995 ausläuft, soll die WAA in Betrieb gehen. Ein Zusammenhang, den die Bundesregierung und die CSU–Landesleitung gar nicht gerne hören. Forschungsminister Riesenhubers Argument, das in Wackersdorf produzierte Plutonium sei für Kernwaffen nicht geeignet, wurde selbst von Prof. Dr. Kummerer vom Kernforschungszentrum Karlsruhe widerlegt. Demnach ist das Material „bedingt waffenfähig“, eine entsprechende Herausfilterung von Verunreinigung ist laut Mechtersheimer lediglich ein technisches Problem. Interview mit Alfred Mechtersheimer auf Seite 5
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