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FrankreichDer Pailetten-Präsident

Nicolas Sarkozy bringt mit seiner Kulturpolitik die Linke in Bedrängnis: Lang gehegte Utopien wie kostenlose Museumsbesuche könnten plötzlich Wirklichkeit werden.

Das Lächeln der Mona Lisa - zur Zeit für 9,50 Euro zu haben Bild: dpa

PARIS taz Kulturpolitik in Frankreich ist - wie alle wichtigen Dinge - Chefsache. Es gibt das Kulturministerium in Paris, an dessen Spitze mit Christine Albanel zum ersten Mal eine Frau steht. Aber die Richtung bestimmt der Staatspräsident persönlich. Manche Präsidenten haben sich mit OpernsängerInnen und SchriftstellernInnen umgeben. Haben Pyramiden und Bibiotheken bauen lassen. Und ein Museum für Anthropologie. Nicolas Sarkozy, der neue, mag Pailletten. Mag das Showbusiness und das große Geld. Er schätzt auch den individuellen Kraftakt. Zu den Kulturschaffenden, die Sarkozy imponieren, gehören der US-Star Tom Cruise, die französische Rockröhre Johnny Halliday, die Schlagersängerin Mireille Mathieu, der Rapper Doc Gynéco und der Terminator I-III Arnold Schwarzenegger.

Doch Sarkozy will sich in der Kulturpolitik nicht auf die reine Unterhaltung festlegen lassen. Er hat schon vor der Wahl darüber hinaus große Linien bestimmt. Dabei gilt, wie auch in seiner Verteidigungs- und Außenpolitik, das Prinzip der "Öffnung", das die politischen GegnerInnen entwaffnen soll. Unter anderem will Sarkozy ein jahrzehntealtes - aber nie realisiertes - linkes Leitmotiv in die Tat umsetzen: Er will die Eintrittsgelder zu Museen abschaffen oder nur für Wechselausstellungen gelten lassen. Er will auch um die AutorInnenrechte streiten, den Kampf gegen die Internetpiraterie vehement führen und an dem französischen Modell der Filmförderung festhalten. Darüber hinaus will er die "Grundlagen der Kultur" in der Schule verstärken: vom Französischunterricht über die "chronologische Geschichte" bis hin zur Kunstgeschichte. Zu seiner "Öffnung" nach allen Seiten gehört auch der Empfang, den er vor wenigen Tagen der bekennenden US-Demokratin Barbra Streisand im Élysée-Palast bereitet hat. Und die "Mission" über die politischen Institutionen Frankreichs, die er dem berühmtesten Exkulturminister der Welt vorgeschlagen hat, dem Sozialisten Jack Lang. Ob Lang annimmt, ist noch unklar. Doch die Sozialistische Partei ist über den neuerlichen Abwerbeversuch Sarkozys in heller Aufruhr.

Bei den Museumsverantwortlichen ist der Gratiseintritt nicht unumstritten. "Das ist eine der Gründungsutopien unseres Museums", sagt Alain Seban, Direktor des Pariser Museums für zeitgenössische Kunst, Centre Pompidou, im Figaro: "aber der Staat müsste uns natürlich genügend Mittel geben, um den Einnahmeausfall zu kompensieren." In der Vergangenheit haben alle Versuche mit Gratiseintritten am Sonntag oder Sonderkonditionen für Arbeitslose gezeigt, dass die Besucherzahlen sofort in die Höhe gehen. Dieselben Ergebnisse bringen auch die Erfahrungen in Großbritannien und Dänemark. In Frankreich freilich sind die Eintrittsgelder in den meisten staatlichen Museen weiterhin hoch. So kostet der volle Eintritt im Louvre 9,50 Euro und im neuen Anthropologie-Museum Branly sogar 11,50 Euro. Unter anderem hat die neue Kulturministerin Albanel zu zusätzlichen Eintrittsgeldern beigetragen. Im vergangenen Herbst machte sie den Zugang zu den Schlossgärten von Versailles gebührenpflichtig. Seither muss, wer zwischen den Springbrunnen und beschnittenen Hecken des Sonnenkönigs spazieren gehen, bis zu 9 Euro entrichten.

Sarkozy und seine Kulturministerin wollen die zusätzlich nötigen Mittel für die Kulturarbeit auf zwei Wegen einholen: mit Einsparungen, die Sarkozy unter anderem mit der Zusammenlegung verschiedener Kultursender erreichen will. Und mit stärkeren finanziellen Beteiligungen von Privatunternehmern. Wie das gehen kann, hat Albanel in Versailles mit der Renovierung der Decke des Spiegelsaals vorexerziert. Sie wurde von dem französischen Baukonzern Vinci finanziert.

Als Kulturministerin hat Albanel gegenüber JournalistInnen wiederholt, dass sie keine Angst vor Einflussnahmen von UnternehmerInnen auf kulturelle Inhalte hat. Als die Belegschaft des Wirtschaftsblattes Les Echos die Kulturministerin jüngst um Unterstützung gegen die Übernahme ihrer Blätter durch den französischen Luxuskonzern LVMH bat, antwortete sie, ein französischer Unternehmer sei "wünschenswerter" als eine ausländische Pressegruppe. Grundlagen der französischen Kultur eben.

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