piwik no script img

■ Frankreich beschließt staatliche Hilfe für ViertagewocheDer Preis der Arbeitsumverteilung

Der Senat, die zweite Parlamentskammer in Frankreich, hat die Rahmenbedingungen für eine probeweise Einführung der Viertagewoche beschlossen. Noch muß die Nationalversammlung zustimmen, aber schon können hiesige Sozialreformer, die mühsam ein Papier ums andere zur Arbeitsumverteilung vorstellen, nur neidisch werden. Denn die Franzosen wagen das Experiment einfach: Die Unternehmen, die ihre Wochenarbeitszeit von 39 Stunden auf 32 Stunden heruntersetzen, werden demnächst staatlich gefördert. Im ersten Jahr sollen ihnen 40 Prozent, in den beiden folgenden Jahren 30 Prozent der Lohnnebenkosten vom Staat abgenommen werden. Bedingung: Die Betriebe müssen ihre Belegschaft um zehn Prozent aufstocken. Da die staatliche Hilfe nicht die gesamten Mehrkosten abdeckt, müssen die Beschäftigten dann auf sechs bis sieben Prozent ihres früheren Einkommens verzichten. Fifty-fifty also: sowohl staatliche Hilfe als auch Lohnverzicht werden dazu beitragen, daß Arbeitsplätze erhalten und neu geschaffen werden. Wenn alles gutgeht. Denn erst die Umsetzung in den einzelnen Betrieben wird zeigen, ob der Plan greift, und wer am Ende davon profitiert.

Frankreich jedenfalls ist jetzt zum Modell geworden, das auch hiesige Wirtschaftsvordenker auf Übertragbarkeit hinterfragen. Arbeitsumverteilung kostet erst mal Geld. Das zeigt das Beispiel in Frankreich. Woher aber sollen in Deutschland die Subventionen kommen? Reformwilligen Unternehmen einfach eine Verringerung der Sozialabgaben anzubieten, wie in Frankreich, wird hierzulande schwierig sein. Zu groß wäre das Loch in den Kassen der Rentenversicherungsträger. Auch Zuschüsse aus den Kassen der Bundesanstalt für Arbeit wären beim derzeitigen Kontostand wohl kaum noch zu leisten. Bei der Diskussion um die Viertagewoche bei VW haben schon etliche Stimmen ihre Bedenken gegen eine zusätzliche Belastung der Arbeitsämter angemeldet. Bleiben also Zuschüsse oder steuerliche Erleichterungen, die aus neuen Quellen gespeist werden. Zum Beispiel aus zusätzlichen Steuern oder aus einer neuen Arbeitsmarktabgabe für Besserverdienende. Beides war schon einmal heftig in der Diskussion. Mit einem konkreten Finanzierungsziel wie der Subventionierung von Arbeitszeitverkürzung ließen sich die Gutbetuchten vielleicht eher anzapfen. Denn Arbeitsumverteilung heißt, so zeigt das französische Beispiel, auch ein Stück materielle Umverteilung. Doch sie zielt nicht primär auf die Ausweitung des Konsums, sondern auf eine gerechtere Verteilung der Arbeit als das inzwischen teuerste gesellschaftliche Gut. Barbara Dribbusch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen