: Franke frei und Hirt in Haft?
■ Staatsanwaltschaft fordert im Prozeß gegen Ex–Minister Egon Franke Freispruch Mitangeklagter Ministerialdirektor Edgar Hirt soll drei Jahre in den Knast
Berlin (taz) - Die Bonner Staatsanwaltschaft hat am Dienstag für den ehemaligen SPD–Minister für innerdeutsche Beziehungen Egon Franke, Freispruch vom Vorwurf der Untreue und Aktenvernichtung gefordert. Für seinen ehemaligen Vertrauten, den Ministerialdirektor Edgar Hirt, forderte sie hingegen drei Jahre Haft. In dem seit einem Jahr dauernden Prozeß werden Franke und Hirt beschuldigt, zwischen 1979 und 1982 bei Häftlingsfreikäufen aus dem Ostblock knapp sechs Millionen Mark Steuergelder am Haushaltsrecht vorbei ausgegeben zu haben. Hirt bestätigte diesen Vorwurf. Der Prozeß war aus Sicherheitsgründen vorwiegend unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt worden. So war auch nur das Plädoyer der Staatsanwälte auf Freispruch im Fall Franke öffentlich gehalten worden, während über die Schuldfrage gegen Hirt am Dienstag wieder hinter verschlossenen Türen verhandelt worden war. Hirt, der in der Öffentlichkeit und im Verfahren behauptete, daß die Verstöße gegen das bestehende Haushaltsrecht die einzige Möglichkeit zur Lösung besonders schwieriger Fälle gewesen seien, führte zum Beweis seiner „moralischen Unschuld“ immer seinen Dienstherrn Franke an, der über sämtliche Vorgänge informiert gewesen sei. Genau das hatte Franke jedoch bestritten. Er will erst nach dem Regierungswechsel 1982 von der Existenz des „Reptilienfonds“ seines Vertrauten erfahren haben. Mehr als 12 Millionen Mark wa–ren, als Haushaltstitel ordnungsgemäß deklariert, zunächst an die Westberliner Caritas gegangen, um damit medizinische Geräte für die DDR zu finanzieren. Knapp unter sechs Millionen flossen dann jedoch wieder zurück ans Ministerium. Die Bonner Staatsanwaltschaft wirft Hirt nun das Ausnutzen seiner Vertrauensstellung gegenüber Franke zu seinem Vorteil vor. Am kommenden Montag wird der Prozeß mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt.
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