„Fotografie gegen Krieg“: Der wahre Krieg?
■ Beispiele internationaler Kriegsfotografie im Foto-Forum Nord
„Keine geschriebene Geschichte kommt dem Wahrheitsgehalt des Krieges näher“, sagt der Fotoreporter Tim Gidal über Fotos aus dem Krieg. Damit schätzt er die Möglichkeiten seines Mediums vielleicht etwas zu optimistisch ein. Aber tatsächlich sind es vor allem die Zeugnisse der Kriegsfotografen, die sich im kollektiven Gedächtnis eingeprägt haben: Das Bild jener nackten vietnamesischen Kinder, die vor einem Napalm-Angriff fliehen; der Blick des steinernen Engels auf das zerstörte Dresden; die US-Soldaten, die auf Iwo Jima ihr Star-Spangled- Banner aufpflanzen – diese Bilder sind zu neuzeitlichen Ikonen geworden.
Über den „Wahrheitsgehalt“ der Bilder ist damit freilich noch nichts gesagt. Wahr ist, daß Fotografen immer wieder mit der unmöglichen Aufgabe gerungen haben, den Terror des Krieges einzufangen. Wahr ist, daß Bilder wie das von Donald McCullin – ein Vater mit seinem Kind, ratlos und blutüberströmt – auf eindringliche Weise das Schicksal Einzelner ins Blickfeld rücken. Wahr ist aber auch, daß die vermeintlichen Helden von Iwo Jima erst Monate nach dem dem Sturm auf die Insel fotografiert wurden – auf einer zweiten Expedition, in der die Eroberung sorgfältig inszeniert wurde, ganz nach dem Geschmack der US-Propaganda.
So liefern Fotografien aus dem Krieg stets einen zweischneidigen „Wahrheitsgehalt“. Aber als Annährung an den realen Schrecken sind sie von unschätzbarem Wert. Um an die ungebrochene Geschichte der Kriege in unserem Jahrhundert zu erinnern, zeigt das „Foto Forum Nord“ in Worpswede jetzt eine Auswahl eindringlicher Bilder internationaler Fotografen, von 1933 bis heute, von Walter Ballhauses Bild marschierender Hitlerjungen bis zu Rüdiger Lubrichts Aufnahmen des heute zerfallenden, monströsen NS-Bunkers in Bremen-Farge. Thomas Wolff
bis 25.6. im Foto Forum Nord, Worpswede, Neu-Bergedorfer Damm 44a; geöffnet Fr. - So. 14 - 19 Uhr
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