Fortunas Grenzgänger Sascha Rösler: Vertreter einer eigenen Spielklasse
Sascha Röslers robuste Spielweise ist stilprägend bei Fortuna Düsseldorf. Am Ende seiner seltsamen Fahrstuhlkarriere will er nun gegen die Hertha aufsteigen.
DÜSSELDORF taz | Die Saison ist für Fortuna Düsseldorf gerade einmal 66 Minuten alt gewesen, da war schon klar, dass Sascha Rösler ein prominenter Platz in den Jahresrückblicken zukommen würde. Mit einem spektakulären Fallrückzieher erzielte der Stürmer damals das 1:0 gegen den VfL Bochum, der Treffer wurde zum Tor des Monats und zur Initialzündung für eine sagenhafte Saison.
Wenn das Spieljahr nun am kommenden Dienstag mit den Relegationspartien endgültig zu Ende gegangen ist, werden erneut viele Augen auf Rösler ruhen, denn er wird gegen Hertha BSC Berlin zum letzten mal als Profi Fußball spielen. „Ich hatte vor ein paar Wochen ein Gespräch mit Manager Wolf Werner“, sagt der 34-Jährige. „Da hat er mir eine Idee aufgezeigt, was ich nach meiner Karriere im Verein machen könnte.“
Außerdem habe „er keinen Bock darauf, dass die Jungen irgendwann an mir vorbeilaufen“, meint er. Doch der Entschluss, die Karriere zu beenden, ist nicht allein ein Tribut, den Rösler seinem fortgeschrittenen Alter zollt. Sollte die Fortuna tatsächlich in die Bundesliga aufsteigen, dann wäre Rösler dieses Kunststück bereits zum vierten Mal gelungen.
Zuvor hat er schon mit dem SSV Ulm (1999), mit Alemannia Aachen (2006) und Borussia Mönchengladbach (2007) den Sprung unter die besten 18 deutschen Klubs geschafft. Doch mit Aachen und Ulm folgte umgehend der Abstieg, und in Gladbach spielte er nach dem Aufstieg keine Rolle mehr. Rösler gehört zu jener Kategorie Fußballspieler, für die eine eigene Spielklasse erfunden werden müsste: Zu schlecht für ganz oben, zu gut für Liga zwei.
Vehs Zorn
Zur Fortuna dieser Saison passte er allerdings ganz hervorragend mit seiner Spielweise, die zwischenzeitlich den Zorn des Armin Veh weckte. Der Düsseldorfer Angreifer sei „eine Schande für den Fußball“ hatte der Frankfurter Trainer im Februar gesagt, Rösler provoziere Gegenspieler, täusche Schiedsrichter und erschleiche Elfmeter, lautete der Vorwurf.
„Ein wenig traurig“ sei er darüber gewesen, so Rösler. Aber der gebürtige Schwabe ist nun mal ein umstrittener Spieler, weil er mit den Grenzen des Regelwerks kokettiert und angetrieben wird von einem unglaublichen Willen. Das ist eine seiner Stärken, und in gewisser Weise prägt dieser Stil die nach dem sagenhaften Niedergang der nuller Jahre neu erfundene Fortuna des Norbert Meier.
Düsseldorf ist eine Mannschaft, die nicht durch spielerisches Können glänzt, dafür ist sie solide organisiert und vor allem zäh. „Wir können dagegenhalten, wir können den Fight annehmen, aber wir brauchen eine gewisse Betriebstemperatur, um auch fußballerisch ein paar Dinge umzusetzen“, sagt Meier über sein Team, und Rösler meint: „Es gehört zu unserer Spielweise, dass wir uns nichts gefallen lassen.“
Beide Aussagen beschreiben auch das Spiel des erfahrenen Stürmers, dem schon immer ein bisschen das Tempo und die Handlungsschnelligkeit fehlten. Und das wird besonders deutlich sichtbar, wenn die Räume eng sind. Wohl deshalb hat Rösler sich nie wirklich in der Bundesliga etablieren können, doch für einen Spieler mit dieser eher limitierten Begabung hat er es dennoch ganz schön weit gebracht.
Vor acht Jahren noch viertklassig
Eine entscheidende Rolle spielte dabei Ralf Rangnick, den er als seinen „Ziehvater“ bezeichnet. Rangnick und Rösler sind Ende der 90er Jahre gemeinsam mit dem SSV Ulm aus der Regionalliga bis in die Bundesliga emporgeklettert, Rangnick habe „aus einer Mannschaft voller Oberligaakteure eine Profimannschaft geformt und auch mich auf den richtigen Weg gebracht“, sagt Rösler. Ähnliches hat jetzt auch Norbert Meier hinbekommen.
Die Fortuna, die lange zum Inventar der Bundesliga gehörte und 1979 gegen den FC Barcelona in einem Europapokalfinale stand, spielte vor acht Jahren noch viertklassig. Meier hat das Team in der Dritten Liga übernommen und mit viel Geduld und großer Sachkenntnis entwickelt.
Vor eineinhalb Jahren holte Meier dann den damals arbeitslosen Rösler nach Düsseldorf. Ein Glücksgriff. In 57 Spielen hat er 19 Treffer erzielt und 13 weitere vorbereitet. Der Aufstieg in die Bundesliga wäre daher die Krönung einer bemerkenswerten Wiedergeburt und der perfekte Abschluss für Röslers seltsame Fahrstuhlkarriere.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin