piwik no script img

Forderungspapier von TI und degepolWeniger schwarze Schafe

Transparency International und degepol fordern klare Regelungen im Hinblick auf Interessenkonflikte. So sollen schwarze Schafe aus dem Verkehr gezogen werden.

Mehr Transparenz bei Interessenkonflikten fordern TI und degepol. Bild: dpa

In einem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Papier fordert die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung (degepol) e.V. Regelungen, die Interessenkonflikte vermeiden und Interessenvertretung transparenter machen sollen.

Die Forderungen umfassen im Wesentlichen vier Punkte. In einem ersten Schritt soll es ein verpflichtendes Register für alle Lobbyisten geben, in dem sich die Interessenvertreter eintragen müssen, um Zugang zu Bundestag, Administration und Exekutive zu erhalten. In das Register würden nicht nur die Institutionen, sondern auch die Namen der einzelnen Interessenverteter und die Namen all ihrer Kunden eingetragen sowie die Finanzen der Instuitutionen offen gelegt. Nach groben Schätzungen der Verfasser würde ein solches Register allein in Berlin etwa 5.000 Namen umfassen.

Außerdem fordern Transparency und degepol einen allgemein verbindlichen Verhaltenskodex für alle registrierten Lobbyisten. Mit der Registrierung würden sich Interessenverteter dazu verpflichten, ihre Interessen und Auftraggeber offen zu legen, Interessenkonflikte anzuzeigen bzw. zu vermeiden und ihr Amt klar von ihrem Mandat zu trennen.

Weiterhin fordern Transparency und degepol eine Instanz der Selbstregulierung von Lobbyisten nach dem Vorbild des Deutschen Presserats und des Deutschen Rats für Public Relations. Bei Verstößen gegen diesen Kodex würden Interessenvertreter mit Sanktionen bestraft, die über eine öffentliche Mahnung bis zum dauerhaften Ausschluss aus dem Lobbyistenregister reichen.

Schließlich beschäftigt sich das Forderungspapier mit Karenzzeiten als Lösung möglicher Interessenkonflikte bei Jobwechseln zwischen Politik und Wirtschaft und mit der oft unklaren Trennung zwischen politischen Ämtern und Beratungsmandaten. Das Forderungspapier zitiert eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 4. Juli 2007, die Abgeordnete an ihre Pflicht erinnert, in erster Linie ihr Amt auszuüben und bei eventuell auftretenden Interessenkonflikten ihre anderweitige Tätigkeit niederzulegen.

Das bereits bestehende Lobbyistenregister in Brüssel sehen Transparency Deutschland und degepol als unzureichend an, weil Interessenvertreter nicht verpflichtet sind, sich dort eintragen zu lassen und deshalb Wettbewerbsunterschiede zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Interessenvertretern entstehen. Aus dem gleichen Grund fordern die Verfasser, die momentanen Schlupflöcher für Anwälte zu schließen. Nach bisheriger Regelung können diese sich auf den Schutz ihrer Mandanten berufen, und müssen so ihre Lobbyistentätigkeiten nicht offenlegen. Die gleichen internationalen Anwaltskanzleien, die sich in Deutschland der Registrierung verweigern, legen in den USA aber widerstandslos ihre Daten offen – was in Nordamerika möglich ist, müsste auch in Deutschland durchsetzbar sein, argumentieren Transparency und degepol.

Der Ethikbeauftragte von degepol, Heiko Kretschmer, sieht konkreten Bedarf für eine gesetzliche Regelung: „Es gibt einige schwarze Schafe, die die gesamte Branche in Verruf bringen. Das Thema besitzt ein großes Empörungspotential für Bürger, und wir sind froh, in Transparency Gesprächspartner gefunden zu haben, die mit uns nach vernünftigen Regelungen suchen, bevor es irgendwann einen Riesenskandal gibt.“

Das Forderungspapier soll eine Diskussion anstoßen, die, so hofffen die Verfasser, nach der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2009 in ein neues Gesetz münden könnte. Im Frühjahr 2009 wird in Brüssel erst einmal diskutiert werden, ob das freiwillige Lobbyistenregister erfolgreich war.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!