Folge von Microsofts Kopierschutz: Aus "PlaysForSure" wird "PlayNoMore"
Microsoft schaltet seinen Dienst MSN Music Ende August endgültig ab. Legal erworbene Titel bleiben ab dann auf dem Käufer-PC gefangen. Pech für den Kunden.
Alles halb so wild, betont Microsoft-Manager Rob Bennett: Von der Abschaltung der Lizenzierungsserver beim amerikanischen Online-Musikladen MSN Music des Softwarekonzerns sei doch nur eine "kleine Anzahl von Kunden" betroffen.
Diejenigen, die sich bei dem einstigen iTunes-Konkurrenten legal gegen Bares mit Musik versorgten, werden das allerdings ganz anders sehen: Ab Ende August bleibt ihre Songsammlung auf einem einzige PC gefangen, ein Übertragen der Titel auf einen neuen Rechner ist dann nicht mehr möglich, weil sie sich nicht mehr "authentifizieren" lassen.
Microsoft habe sich entschlossen, in den USA künftig nur noch auf die neue Plattform rund um den iPod-Wettbewerber "Zune" zu setzen, sagte Bennett. Der Musikspieler sei "die Zukunft". "Mit jedem Betriebssystem-Upgrade wurde das digitale Rechtemanagement komplizierter. Es gab ständig Probleme beim Kundensupport, weil die Leute plötzlich keine Lizenzen mehr herunterladen konnten", versuchte der Leiter für Unterhaltungsinhalte bei dem Softwareriesen gegenüber dem IT-Nachrichtendienst "CNET" zu erklären.
Das Ende des Kopierschutzverfahrens, das einst ironischerweise auf den Namen "PlaysForSure" ("Wird garantiert abgespielt") hörte, ist nur eines von mehreren Beispielen aus den letzten Jahren, bei denen die Käufer legaler Inhalte plötzlich ohne Zugriff auf die von ihnen erworbenen digitalen Dateien dastanden, weil der Anbieter sich abrupt entschloss, die Unterstützung zu beenden.
Betroffen waren unter anderem Kunden von "Google Video", die dann mit Gutschriften besänftigt werden sollten - trotzdem gab es viel schlechte Presse. Für Netzaktivisten wie den Science Fiction-Autor Cory Doctorow alles ein klares Zeichen dafür, dass das digitale Rechtemanagement (DRM), auf das die Medienkonzerne seit Jahren pochen, nicht funktioniert und den Kunden ihrerseits ihre Rechte nimmt. "All die Jahre betonte die Musikindustrie, dass sie Musik nur DRM-verkrüppelt verkaufen werde. Damit hat es die Branche nun geschafft, die Idee des Musikkaufs vollständig zu diskreditieren", kommentierte er.
Das Problem der meisten Kopierschutzverfahren ist stets, dass sie von so genannten Authentifizierungsservern abhängen, die von den Anbietern lange Jahre unterstützt werden müssen, damit die Technik funktioniert - genau einen solchen schaltet Microsoft jetzt ab. Jedes Mal, wenn ein Nutzer seine Musik auf einen neuen Rechner oder ein neues Betriebssystem übertragen will, meldet sich die Kopierschutzsoftware bei diesem Server, um anzufragen, ob dies denn auch gestattet ist. So wird unter anderem sichergestellt, dass nur eine bestimmte Anzahl an Computern Musik abspielen darf. Fehlt der Authentifizierungsserver, lassen sich die Dateien zwar auf einen neuen PC übertragen, doch zu einer Abspielgenehmigung kommt es nicht mehr - die Songs bleiben stumm.
Bei MSN Music wurden maximal fünf PCs unterstützt. Microsoft empfiehlt, bis Ende August nun alle Rechner zu authentifizieren, auf denen der Kunde seine Musik künftig abspielen möchte. Das Problem dabei: Wechselt man später den PC oder spielt die nächste große Windows-Version ein, ist eine Übertragung nicht mehr möglich. Dass das so schnell gehen würde, erstaunt Experten: Der betroffene Dienst MSN Music selbst wurde von Microsoft bereits 2006 eingestellt, die Unterstützung endet nun nur zwei Jahre später. Immerhin galt der Marktanteil von MSN Music als eher gering. Die betroffenen Käufer wird das aber kaum besänftigen.
Das DRM-Problem kann auch Kunden des Marktführers iTunes eines Tages treffen: Auch hier müssen Rechner für gekaufte Musik und Filme stets authentifiziert werden. Allerdings werden dort seit einiger Zeit Songs nun auch im kopierschutzlosen MP3-Format angeboten, ähnliches gilt für Anbieter wie E-Music und Amazon MP3. Für den Aktivisten Doctorow sind denn auch nur solche DRM-freien Formate zukunftsfähig. "Sonst kann man seiner gesamten Musiksammlung bald Auf Wiedersehen sagen." Retten können MSN Music-Kunden ihre Songs nur, in dem sie sie in ein anderes Format übertragen, was unter Umständen selbst für legitime Käufer illegal sein kann. Das Brechen von Kopierschutzverfahren ist auf Druck der Medienindustrie nämlich inzwischen streng verboten - auch in Deutschland.
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