Folge des Konjunktureinbruchs: Bahn rast in die Krise
Folge der Krise in der Automobil-, Stahl-, Chemie- und Bauindustrie: Starker Rückgang im Schienengüterverkehr verdirbt der Bahn AG das Geschäft.
Während die Delegierten der Bahngewerkschaft Transnet in Berlin auf ihrem Gewerkschaftstag über ihre künftige Strategie beraten, schockt Bahnchef Hartmut Mehdorn mit düsteren Prognosen: "Wir nähern uns einem Abgrund, wo wir noch nicht wissen, wie tief er ist", so Mehdorn. Wegen der Konjunkturkrise sei das Geschäft im Schienengüterverkehr stark rückläufig.
Die Bahn rechnet damit, dass im Dezember bis zu 40 Prozent weniger Güterverkehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum stattfindet. Ursache ist die Krise in der Automobil-, Stahl-, Chemie- und Bauindustrie, die einen Großteil ihrer Transporte auf der Schiene abwickeln. Auch im Personenverkehr rechnet die Bahn mit zurückgehenden Ergebnissen.
Mehdorn will mit einem Sparpaket reagieren. Ein Teil der Bahnbeschäftigten soll in eine verlängerte Weihnachtspause geschickt werden. Auch Überstunden und Urlaubsansprüche sollen jetzt abgebaut werden. Bei den rund 4.000 Leiharbeitern des Konzerns sei ein Stellenabbau denkbar. Zudem stünden Investitionen auf dem Prüfstand.
Trotz der Dezember-Probleme hält Bahn-Finanzvorstand Diethelm Sack an der Prognose für das Gesamtjahr fest: Der Konzern werde Ergebnis und Umsatz steigern - aber nicht so stark wie ohne Krise, so Sack. Eine Prognose für 2009 ist nach Mehdorns Ansicht noch nicht möglich. "Sicher ist, dass uns die Konjunkturkrise treffen wird."
Die Gewerkschaft Transnet kann die von Mehdorn skizzierte Dramatik nicht nachvollziehen. Das Unternehmen werde 2008 einen satten Gewinn einfahren. "Vor der anstehenden Tarifrunde sollen Horrorszenarien an die Wand gemalt werden", so Transnet-Vize Wolfgang Zell. Ergebnisse würden jetzt schlechtgeredet, um im Vorfeld der Einkommensrunde Druck auszuüben. Ende Januar laufen die Tarifverträge bei der Bahn aus.
Nach Angaben von Transnet prüft die Bahn derzeit, zahlreiche Rangierbahnhöfe vorübergehend zu schließen. Statt der üblichen zwei- bis dreitägigen Weihnachtspause sollen die Anlagen vier bis sieben Wochen stillgelegt werden. Gedacht sei an einen Zeitraum von Mitte Dezember bis Mitte Januar, so Transnet. Betroffen seien rund 10.000 Beschäftigte, vor allem Lokrangierführer, Rangierer und Wagenmeister. Die Bahn wollte nicht von Stilllegung sprechen. Vorbereitet würden derzeit zum Beispiel eine "verlängerte Weihnachtspause, ein reduzierter Betrieb in betroffenen Güterbahnhöfen und weitere begleitende Maßnahmen", erklärte das Unternehmen.
Auch der Verband "Allianz pro Schiene" verweist auf den Ernst der Lage. "Dass der Schienengüterverkehr zurückgeht, ist bittere Realität", so Geschäftsführer Dirk Flege. Eine Dimension von 40 Prozent weniger wäre tatsächlich eine Horrormeldung. Solche Dimensionen seien ihm aber von anderen Bahngüterverkehrsunternehmen noch nicht zu Ohren gekommen. Der Straßengüterverkehr werde weniger Einbrüche haben, da er einen breiteren Branchenmix als die Bahnen bedient und auch den Handel beliefert.
Anders gesagt: Die Leute mögen zwar in der Krise keine Autos mehr kaufen, essen müssen sie aber. Und Lebensmittel werden in der Regel per Lkw transportiert.
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