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FlughafenImmer fertiger

Wowereit und Mehdorn reden im Parlamentsausschuss Lage nach BER-Korruptionsaffäre schön. Entlassener Technik-Chef will Vorwürfe entkräften

Hartmut Mehdorn (links) und Klaus Wowereit, der Vorstandschef und der Aufsichtsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft, äußerten sich im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zu Korruptionsvorwürfen am BER. Bild: dpa

Alles nur ein Einzelfall, der angebliche Übeltäter entlassen und der BER auf gutem Weg. Das war die Kernbotschaft von Klaus Wowereit und Hartmut Mehdorn als Aufsichtsrats- und Vorstandschefs der Flughafengesellschaft am Mittwoch im Abgeordnetenhaus. Die Grünen hatten im Hauptausschuss wegen der Korruptionsvorwürfe an den BER-Technikverantwortlichen Jochen Großmann eine Befragung der beiden durchgesetzt. „Der Bau wird fertiger und fertiger“, sagte Mehdorn in Raum 113 des Parlaments. Den Mienen nach zu urteilen überzeugte das bei Weitem nicht jeden Abgeordneten.

„Fertigstellung des BER in Gefahr? Wie geht es nach dem Korruptionsverdacht und der Beurlaubung des technischen Leiters weiter?“, hatten die Grünen die Befragung betitelt und Schwächen im System vermutet. Mehdorn hatte darauf nicht nur in Bezug auf die Zukunft des Flughafens eine Antwort: Großmann soll inzwischen entlassen sein. Der Manager war jüngst in den Medien noch als neuer Hoffnungsträger am BER aufgetaucht, malte im Flughafenausschuss des Potsdamer Landtag aus, warum die viel kritisierte Entrauchungsanlage nicht funktionieren konnte – bis man dann Vorwürfe gegen ihn selbst erhob.

Denen zufolge soll Großmann einem Unternehmen angeboten haben, ihm einen Auftrag zu verschaffen. Laut Mehdorn verlangte er dafür 350.000 Euro, zuerst war sogar von 500.000 Euro die Rede gewesen. Von Großmanns eigener Firma, der in Dresden ansässigen Gicon, hieß es am späten Nachmittag, man werde die Vorwürfe entkräften. Anders als von Mehdorn dargestellt habe Großmann keineswegs irgendeine Schuld eingestanden.

Für Mehdorn, der von der Affäre über einen „Whistleblower“ erfahren und die Angelegenheit wenig später der Staatsanwaltschaft übergeben haben will, ist der Vorfall nicht die Spitze eines Eisbergs von weiteren Fällen. Dennoch will er prüfen lassen, ob Großmann auch anderen Firmen Angebote machte. „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“, sagte Mehdorn. Er selbst sei enttäuscht von Großmann – „ich hatte diesem Mann geglaubt“.

Dieser Mann kam im August 2013, laut Mehdorn empfohlen vom TÜV Rheinland, als Berater zum BER und übernahm den Umbau der Entrauchungsanlage. Mit der Entscheidung, die Aufträge dafür neu auszuschreiben und mit der Vergabe dieser Aufträge soll er direkt nicht zu tun gehabt haben. Mit Großmanns Arbeit war Mehdorn nach eigener Darstellung so zufrieden, dass er ihn im April als Technikverantwortlichen fest anstellte.

Es sei kein Systemversagen

Wowereit rief Kritiker dazu auf, den Vorfall in Relation zu dem Gesamtbauvolumen am BER von über 4 Milliarden Euro zu betrachten. „Da von Systemversagen zu reden, halte ich für abenteuerlich“, sagte Wowereit. Er wehrte sich wie Mehdorn grundsätzlich dagegen, bei der Flughafengesellschaft stets nur Negatives zu sehen, nicht aber erfolgreiche Arbeit an den Standorten Tegel und Schönefeld.

Das mochte der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto so nicht stehen lassen: Kein Kostenplan, keine Klarheit, was überhaupt am BER passiere, und nun auch noch Korruption – „was meinen Sie denn, was die Leute da denken sollen?“, fragte er Wowereit.

Zumindest, was die Finanzen angeht, soll es zum Monatsende mehr Durchblick geben: Mehdorn kündigte für die Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft an jenem Tag an, neben einem Zwischenbericht über neueste Erkenntnisse zu den Korruptionsvorwürfen einen Kostenplan vorzulegen. Offenbar lässt sich der BER, der laut Mehdorn ja „fertiger und fertiger“ wird, nicht für die zuletzt eingeplanten 4,3 Milliarden Euro, sondern nur für mehr als 5 Milliarden richtig fertigstellen.

STEFAN ALBERTI

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