Flüchtlingspolitik gerügt : Hauptstadt der Papierlosen
Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, Fanny Dethloff, fordert dazu auf, die steigende Zahl der „illegal“ in Hamburg Lebenden nicht länger zu verdrängen. „Die Politik muss sich dem Problem der Menschen stellen, die ohne gültige Papiere in einer Schattenwelt leben“, verlangt die Pastorin. „Je größer der Druck, je rigider die Ausländerpolitik, desto mehr Menschen tauchen in die Illegalität ab.“ In Hamburg lebten schätzungsweise 100.000 „Illegale“. Nach Berlin sei Hamburg „Hauptstadt“ der Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Die Mehrheit seien abgelehnte Asylbewerber oder Flüchtlinge, die sich erst gar nicht bei den Behörden gemeldet hätten. Sie lebten in einer „isolierten Welt“. Frauen arbeiteten häufig in der privaten Alten- und Krankenpflege oder als Reinigungskräfte im Haushalt sowie als Prostituierte. Männer seien meist in der Gastronomie, auf dem Bau, in Reinigungsfirmen oder Großmärkten beschäftigt.
Angst und Willkür prägen den Alltag dieser Menschen, die ohne sozialen Schutz und existenzielle Absicherung hier leben, wie Dethloff warnt. Das offizielle Gesundheitssystem sei ihnen verwehrt, die Kinder könnten oftmals nicht zur Schule gehen. Es gebe zwar ein Netzwerk von Hilfen, von familiären Strukturen und Ärzten, die diesen Menschen beistünden. Und auch die Kirchen böten in Notsituationen Schutz. Die offizielle Politik aber thematisiere die Papierlosen nur „unter Ordnungs- und sicherheitspolitischen Kriterien, obwohl 90 Prozent vollkommen angepasst und unauffällig leben“. DPA/TAZ
Podiumsdiskussion „Illegal in Hamburg – wie können Menschen existieren, die es offiziell nicht gibt?“. Morgen, 16.3O Uhr, Haus der kirchenlichen Dienste, Danziger Str. 64