Flüchtlinge: Erst mal einen Joint
Was wird nach der Räumung des Oranienplatzes aus den Bewohnern der besetzten Schule in Kreuzberg?
Cannabis-Schwaden ziehen durch die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg. Sieben, acht Flüchtlinge aus Afrika stehen im Gang – Joints kreisen. Aus einem der Zimmer, die früher Klassenräume waren und als Matratzenlager dienen, ertönt Reggaemusik. „Oranienplatz is finished“, bestätigt einer mit Rastafari-Mütze und verspiegelter Sonnenbrille lakonisch. Was nun mit den Bewohnern der besetzten Schule passiert? Der Mann zieht am Joint. Als er den Rauch genüsslich ausstößt, kommt doch noch eine Antwort. „God knows.“ Sein Körper wippt zur Musik. Die anderen lachen. Beunruhigt scheint hier keiner zu sein.
Dabei hatte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) Mitte März erklärt, nicht nur die Flüchtlinge vom Oranienplatz, sondern auch die Flüchtlinge in der besetzten Schule würden ihre Lager räumen. Das Gebäude in der Ohlauer Straße ist seit Dezember 2012 besetzt. 200 bis 300 Menschen leben hier. Roma-Familien sind darunter, in anderen Bundesländern gemeldete Asylbewerber, Flüchtlinge ohne Papiere; die meisten sind Männer und kommen aus Afrika. Etliche würden im nahegelegenen Görlitzer Park vom Handel mit Cannabis leben, heißt es.
Man werde die Schule nicht freiwillig räumen, hatte eine Flüchtlingsgruppe, die sich „Refugees der Schule in Kreuzberg“, nennt, am 23. März erklärt. Man sei aber bereit, mit dem Senat „über die konstruktive Weiterentwicklung“ der Schule zu verhandeln.
Der Senat hat angeboten, im Gegenzug für eine freiwillige Räumung von Oranienplatz und Schule alternative Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und die Asylanträge im Einzelverfahren zu prüfen. Bis dato hatte Kolat immer gesagt, das Angebot gelte für 467 auf einer Liste erfasste Flüchtlinge.
Sie wisse nicht, wie viele Leute aus der Schule auf der Liste stünden, sagte die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), am Mittwoch zur taz. „Ich weiß aber, dass etliche Leute aus der Schule auch gerne ein Angebot von Frau Kolat annehmen würden.“ Nach der Sanierung wolle der Bezirk in der ehemaligen Schule ein Projektehaus einrichten, das auch ein Flüchtlingszentrum mit Sozial- und Rechtsberatung beinhalte. Auch eine Wohnetage mit 70 Plätzen sei geplant, so Herrmann. Das gebe es in Deutschland noch nicht. ALL, PLU
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens