Flucht übers Mittelmeer nach Europa: NGO berichtet von 10.000 Toten bei Überfahrt nach Spanien
Auf dem Weg von Afrika auf die Kanaren sterben laut der Caminando Fronteras pro Tag 30 Migrant:innen. Die NGO kritisiert eine „nicht hinnehmbare Tragödie“.
Die zwischen dem 1. Januar und dem 5. Dezember 2024 von der Organisation registrierten Zahlen bedeuten durchschnittlich 30 Tote pro Tag. Im vergangenen Jahr waren es durchschnittlich rund 18 Tote täglich. Die NGO bezieht ihre Daten von Hotlines für Migranten in Seenot, Familienangehörigen vermisster Migrant:innen sowie offiziellen Statistiken zu Rettungsaktionen.
Für den hohen Anstieg der Todesfälle um 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr macht Caminando Fronteras die Verwendung nicht seetauglicher Boote, immer gefährlichere Routen sowie fehlende Mittel für die Rettung verantwortlich. Die Zahlen seien „ein Beweis für ein tiefgreifendes Versagen“ der Rettungssysteme, erklärte die Gründerin der NGO, Helena Maleno. „Mehr als 10.400 Tote oder vermisste Menschen in einem einzigen Jahr sind eine nicht hinnehmbare Tragödie“, betonte sie.
Die meisten Opfer auf der Atlantikroute
Den Angaben zufolge kamen die Opfer aus 28 Ländern, zumeist aus Afrika, aber auch aus dem Irak und Pakistan. Mit 9.757 gab es die meisten Opfer demnach auf der Atlantikroute zwischen Afrika und den Kanaren. Die Zahl der auf dieser Route registrierten Flüchtlinge steigt bereits das zweite Jahr in Folge an. An der schmalsten Stelle sind die spanischen Inseln hier gerade einmal 100 Kilometer von der Küste Nordafrikas entfernt.
Spanien zählt – neben Italien und Griechenland – zu den wichtigsten Ankunftsländern für illegale Einwanderungen nach Europa. Nach Angaben des Innenministeriums sind zwischen dem 1. Januar und dem 15. Dezember 60.216 Flüchtlinge irregulär nach Spanien eingereist, was einen Anstieg um 14,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum darstellt. Über 70 Prozent von ihnen kamen auf den Kanarischen Inseln an.
Anm. der. Red.: Die genaue Zahl der Todesfälle zu erfassen, ist eine Herausforderung. Das anerkannte Missing Migrants Project, das – anders als Caminando Fronteras – von einer niedrigeren Zahl vermisster oder verschwundener Migrant:innen seit 2014 bis Ende 2024 (5.035) auf der Kanaren-Route berichtet, schreibt dazu: „Sowohl die Qualität als auch der Umfang der Daten über Migration in Afrika sind begrenzt, und wenn es um die Dokumentation von irregulärer Migration, einschließlich Tod und Verschwinden von Migranten geht, sind die sind die Herausforderungen und Lücken bei der Datenerhebung immens. Die damit verbundenen Herausforderungen, Daten über vermisste Migrant:innen im Allgemeinen zu erheben, werden noch werden noch komplexer, wenn es um riesige und nicht überwachte Gebiete wie die Sahara-Wüste oder der Atlantikküste.“
Die NGO United sammelt seit 1993 Daten über den Tod von Geflüchteten nach Europa. Sie spricht im Zeitraum von 1993 bis 2024 von mindestens 60.620 dokumentierten Toten, die auf die „fatale Politik der Festung Europa“ zurückgeführt werden sowie Zehntausenden Verschwundenen.
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