■ Durchsuchung im „M99“: Flucht nach vorn
Daß der linke Kopier- und Info-Laden „M99“ den Ermittlungsbehörden seit Jahren ein Dorn im Auge ist, ist bekannt: Schließlich hat die Pressefreiheit für linksradikale Gegenöffentlichkeit schon immer da ihre Grenze gefunden, wo der Spaß bei den Staatsschützern in Polizei und Justiz aufhörte. Die nunmehr 36ste Durchsuchung in der Kreuzberger Manteuffelstraße läßt aber aufhorchen: Nicht irgendwelche RAF-Papiere standen diesmal im Vordergrund, sondern ganz offensichtlich die Aktivitäten, die die Mieter gegen die Firma „Arator“ entwickelt haben. Als die Eigentümer im August letzten Jahres Mieter-Schilder über deren Machenschaften entfernten, schritt die anwesende Polizei nicht ein. Anders, wenn Gewalt von links im Spiel sein soll. Da reicht offenbar ein Protestschreiben, um die Urheberschaft für einen Brandanschlag zuzuordnen. Einen ähnlichen Fall gab es schon einmal: Vor einem Jahr war die Wohnung des ehemaligen Kreuzberger Baustadtrats Werner Orlowsky durchsucht worden, nur weil er von einer Immobilienfirma (zu Unrecht) beschuldigt wurde, in deren Geschäftsräume eingebrochen zu sein.
Trotz der Rüge des Datenschutzbeauftragten werden vom Staatsschutz noch immer Daten von 137 Olympia-Gegnern im Informationssystem Verbrechensbekämpfung gespeichert. Um unangenehmen Fragen zuvorzukommen, so drängt sich einem der Eindruck auf, wird mit weiteren zweifelhaften Methoden nun die Flucht nach vorne ergriffen: Noch immer nämlich hat die Polizei trotz Sonderkommission und der angeblich so erfolgreichen „Kiez- Cops“ keinen Fahndungserfolg gegen die Urheber linker Gewalt in Kreuzberg vorzuweisen. Uwe Rada
Siehe Bericht auf Seite 22
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