: Flora, Mabel, Charly, Roscoe und Buster
■ Bananen und Helden: Im Metropolis läuft ein umfangreiches Slapstick-Festival
Wenn einer auf der Bananenschale ausrutscht und in der Sahnetorte landet, für seine Ungeschicklichkeit einen Schlag auf den Kopf kassiert, und das alles, weil er die Dekokirsche aus seinem Fruchtcocktail nicht auf den Fußboden fallen lassen wollte – dann muß es sich um einen Slapstick-Film aus der Frühzeit des Kinos handeln. In den Jahren zwischen 1905 und 1929 entstanden rund 25.000 Filme dieses stummen Genres. Die wilden Verrenkungen der SchauspielerInnen wurden von Musik begleitet. Besonders beliebt waren Kino-Orgeln, die vom Volumen her den Kirchenorgeln nacheiferten. Mit dem Siegeszug des Tonfilms veränderten sich auch die Filmkomödien: Sie wurden deutlich länger, neue Themen tauchten auf und neue Filmteams.
Bis dahin gab es im Slapstick eine mehr oder minder feste Personage: Polizisten gehörten dazu, schüchterne Liebespaare, resolute Ehefrauen, schlitzohrige Ehemänner und finstere Widerlinge, die es bevorzugt auf die süße, junge Heldin abgesehen hatten. Die europäischen Vorbilder für den amerikanischen Slapstick waren Filmgrotesken, die in langen Einstellungen den Bewegungen der AkteurInnen Raum gaben. Im Laufe der Zeit steigerte sich das Tempo bis hin zu den turbulenten Szenen des unvergleichlichen Buster Keaton.
Anläßlich der Erinnerungsveranstaltungen an 100 Jahre Kino zeigt das Metropolis von heute an in elf Programmen eine Auswahl dieser Filme, die schon Anfang des Jahrhunderts die Kinos der Welt eroberten. Neben zwei Programmen, die der Früh- und der Spätzeit des Genres gewidmet sind, werden in zwei weiteren Vorstellungen Schauspielerinnen des Slapstick geehrt. Namen wie Mabel Normand, Flora Finch oder Thelma Todd sind ganz zu Unrecht vergessen worden, erläutert Heiner Roß, Initiator der Reihe: „Die Frauen haben in diesem Genre immer eine wichtige Rolle gespielt, nicht nur als Echo, sondern auch als Verstärkerinnen des männlichen Witzes“. Außerdem werden die Werke der Slapstick-Stars von Buster Keaton über Roscoe Arbuckle bis zu Charlie Chaplin und Laurel & Hardy mit eigenen Reihen gefeiert.
Als besonderes Schmankerl zeigt das Metropolis am Freitag, Samstag und Sonntag jeweils um 15 Uhr „Charlie Chaplin für Kinder“. Um den ZuschauerInnen etwas von der damaligen Kinoatmosphäre zu vermitteln, werden die meisten Programme von Live-Musik begleitet. Höhepunkt dürfte hier die „Jam-Session for Charlie Chap-lin“ am Sonntag ab 11 Uhr werden. Musiker sind willkommen.
Iris Schneider
Termine siehe Kinoprogramm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen