Fleisch im Bordrestaurant der Deutschen Bahn: Das furzende Rind
Die Deutsche Bahn bietet keine vegetarischen Gerichte an. Dabei wäre genau das wünschenwert. Auch im Hinblick auf den Klimaschutz, der zu den Prämissen des Unternehmens zählt.
BERLIN taz | Die Deutsche Bahn wollte mehr Kundennähe zeigen und hatte dazu auf ihrer Homepage ihre "Leibgerichte"-Aktion gestartet. Die TeilnehmerInnen konnten aus den Kategorien "Omas Eintopf", "Omas Hausmannskost" und "Omas Sonntagsküche" ein Wunschgericht anklicken.
Ab März 2012 werden die Siegergerichte dann gekocht. Im 3-Monats-Rhythmus soll das ganze Jahr über abgestimmt und als Sonderaktion dann nachgekocht werden - Omas Kochbuch enthält bekanntlich vorzugsweise saisonale Gerichte. Eine pfiffige Idee, in einem Bereich mit besonderer Wohlfühl-Affinität alle mitreden zu lassen.
Alle? Laut einer Forsa-Umfrage vom Juni 2011 gibt es 42 Million Menschen in Deutschland, die an 3 oder mehr Tagen pro Woche fleischlos essen. Das ist mehr als die Hälfte der Deutschen, und der Deutsche Vegetarierbund spricht zudem von 6 Millionen, die vollständig vegetarisch leben.
Sie alle können ihre Wünsche aber nicht äußern, denn fleischfreie Gerichte stehen nicht zur Wahl. "Unser Platz ist begrenzt, und wir bieten vor allem das an, was gut nachgefragt wird", erklärt Bahnsprecherin Birgit Pörner. Wie erfasst man aber das Kauf-Potenzial und die Wünsche jener mit Appetit auf fleischlose Leibgerichte?
Wer sich dazu äußern möchte: Platz für individuelle Bemerkungen oder gar eine email-Adresse sind auf der DB-Website nicht vorhanden. Schweinsbraten, Rindsroulade und Co anklicken und absenden - mehr geht nicht. Die Deutsche Bahn hat Klimaschutz ganz oben auf ihre Nachhaltigkeits-Agenda gesetzt und gibt sich enorme Mühe damit, zum Beispiel bei der Erzeugung des Fahrstroms.
Aber das furzende Rind setzt pro Jahr rund 75 Kilo des ultrawirksamen Klimagases Methan frei, sagt das worldwatch-Institut. Methan wirkt sich 23-mal stärker auf die Erwärmung der Atmosphäre aus als Kohlendioxid. CO2 kommt mit 36 kg jährlich pro Kilo Rinderfleisch noch dazu - errechnet aus den Waldabholzungen für das Weideland, den fossilen Treibstoffen für die Produktion bis zum tischfertigen Braten oder schlicht aus dem Kuhatem.
"Ein Gericht, das gut geht, verkaufen wir so 20 - 22.000 Mal pro Monat", beschreibt Pörner den Umsatz in den Bordrestaurants. Damit gehört die Deutsche Bahn zu den großen Playern der deutschen Gastronomie, und man ahnt, wie groß das Potenzial wäre, würde nur jeweils eines von Omas Lieblingsgerichten fleischlos angeboten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens