piwik no script img

Fischfangbetrieb erhält UmweltsiegelSeelachs wird ein bisschen öko

Die Kutterfisch-Zentrale erhält als erstes Unternehmen in Deutschland das Umweltsiegel MSC. Die Cuxhavener würden den Seelachsbestand schonen, sagen die Zertifizierer. Umweltschützer fordern strengere Kriterien.

Fischer entladen im Fischereihafen von Cuxhaven Seelachs von einem deutschen Hochseekutter. Bild: dpa

Als erster deutscher Fischfangbetrieb hat die Cuxhavener Kutterfisch-Zentrale das Umweltsiegel der Organisation Marine Stewardship Council (MSC) erhalten. Das blau-weiße Logo soll dem Verbraucher signalisieren, dass das Unternehmen den Seelachsbestand und die Meeresumwelt schont. Die Firma mit einem Jahresumsatz von 50 Millionen Euro verkauft ihre Ware hauptsächlich an den Verarbeiter Deutsche See. Umweltschützer lobten das Siegel am Dienstag als Schritt in die richtige Richtung, forderten aber strengere Kriterien für die Vergabe.

Die Cuxhavener Genossenschaft arbeitet ausschließlich mit großmaschigen Netzen, sagt die MSC-Verantwortliche für den deutschsprachigen Markt, Marnie Bammert. Der Vorteil: Jungfische können durch die Lücken im Geflecht entschlüpfen. Sie haben dann noch Zeit, sich fortzupflanzen und so den Bestand zu erhalten.

Außerdem würden die Mitarbeiter bei ihren Seelachstouren nur 0,1 Prozent der gefangenen Fische wieder über Bord werfen, ergänzt Kutterfisch-Geschäftsführer Kai-Arne Schmidt. Das sind ungewollt mitgefangene Meerestiere, die sich nicht verwerten lassen, weil sie zum Beispiel verletzt sind. Andere Flotten kommen laut Schmidt auf eine Fehlerquote von 80 bis 90 Prozent. Die Kutterfischer schneiden da besser ab, weil zwischen den Rollen, mit denen sie ihre Netze über den Meeresboden ziehen, mehr Platz ist als bei anderen Fischereien. So können mehr Tiere entkommen.

Doch wegen der Grundschleppnetze ernten die Kutterfischer auch Kritik. Denn bei dieser Fangmethode schleifen die Schiffe Rollen über den Meeresgrund. Das soll die Fische aufscheuchen, damit sie das dahinter folgende Netz schlucken kann. Dabei werden allerdings zum Beispiel auch Korallenriffe weggerissen. Sie sind ein wertvoller Lebensraum für zahlreiche Arten und ein Rückzugsgebiet für Jungfische.

Dennoch wollen die Kutterfischer auf diese Fangmethode nicht verzichten, weil ihr Seelachs nun mal so tief schwimmt. Um dennoch den Boden zu schonen, bestehen ihre Netze aus einem besonders leichten Kunststoff: Statt wie andere acht Tonnen, wiegen sie nur eine halbe Tonne. Zudem schleift das Unternehmen die Netze nach eigenen Angaben nur über steinigen Untergrund, der weniger empfindlich ist als etwa Sandboden. "In unseren Fanggebieten in der nördlichen Nordsee gibt es dort auch keine Korallen oder Seeberge", sagt Schmidt. "Das sehen wir auf unseren Echoloten."

Da ist sich die Meeresbiologin Iris Menn von Greenpeace nicht so sicher. Zwar lobt sie die Bemühungen der Kutterfischer: "Die haben tatsächlich was gemacht an ihren Netzen." Aber sie bleibt dabei: "Es ist nach wie vor ein Bodenschleppnetz." Auch wenn ein nur eine halbe Tonne schweres Netz über ein Riff zieht, "sind die Korallen hinüber". Ihrer Meinung nach ist bisher zu wenig darüber bekannt, wo sich in den Fanggebieten vor Norwegen Korallen und Unterwasserberge befinden. "So lange kann Grundschleppfischerei nicht nachhaltig sein", meint Menn. Da Seelachs so gefangen wird, raten die Umweltaktivisten in ihrem neuen Einkaufsführer, auf diesen Fisch zu verzichten.

Menn fordert vom MSC strengere Kriterien. Aber für sie ist auch klar: "Das Siegel ist die beste Alternative, die auf dem Markt ist." Das Zertifikat der gemeinnützigen Organisation sei ein Schritt in die richtige Richtung. Da weiß sie sich mit Rainer Froese vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften einig. Der Fischereibiologe freut sich, dass das Siegel Verbraucher sensibilisiert. "Aber wir", sagt Froese, "dürfen nicht stehen bleiben."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • JN
    Jan-Peter Nagel

    Hallo das heißt

    "Grundschleppnetz"