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FinanztransaktionssteuerHart für Zocker, minimal für Sparer

Die Finanzsteuer nach dem EU-Modell, auf die sich Regierung und Opposition nun einigen wollen, träfe alle Geschäfte. Doch de Auswirkungen wären sehr unterschiedlich.

Börse in Frankfurt: Wer häufig kauft und verkauft, zahlt mehr. Bild: dapd

BERLIN taz | Mit der Finanztransaktionssteuer würde eine Forderung Wirklichkeit, die von Globalisierungskritikern wie Attac und vielen Ökonomen schon seit Jahren erhoben wird. Die Idee dahinter ist simpel: Der Handel mit sämtlichen Finanzprodukten – also Aktien, Anleihen, Derivaten und anderen Wertpapieren – würde mit einem geringen Steuersatz belegt.

Dazu hat die EU-Kommission im vergangenen Herbst ein Modell vorgeschlagen. Es sieht Steuern in Höhe von 0,1 Prozent auf die meisten Finanzprodukte vor. Für Derivate, also abgeleitete Termingeschäfte, sind 0,01 Prozent vorgesehen. Nicht betroffen wären alle Bankgeschäfte, bei denen nur Geld übertragen wird – etwa Überweisungen, Kredite, Hypotheken und Versicherungen.

Wie will die EU verhindern, dass diese Steuer umgangen wird? Anhand der elektronischen Handelsplattformen soll sie in Echtzeit erhoben werden, unabhängig vom Ort des Handels. Entscheidend ist allein, dass einer der Handelspartner aus einem der EU-Staaten stammt, die die Steuer eingeführt haben. Es würde also nichts bringen, das Geschäft nach London oder Singapur zu verlagern, sofern nicht die ganze Bank mit ihrem Sitz dorthin umzieht.

Auch wenn die Steuer formal für alle Marktteilnehmer gleich hoch wäre, würde sie sich unterschiedlich auf verschiedene Akteure auswirken: Ein Privatanleger, der selbst Fonds, Aktien oder Anleihen kauft, würde beim Kauf einmalig 0,1 Prozent bezahlen. Das ist sehr wenig im Vergleich zu Depotgebühren oder den häufig erhobenen Ausgabe- und Verwaltungsgebühren für Fonds.

Unattraktive Geschäfte mit minimalen Kursänderungen

Weniger rentabel würden Geschäfte, die durch häufiges Kaufen und Verkaufen minimale Kursveränderungen ausnutzen wollen – und dadurch zur Destabilisierung beitragen. Denn bei jedem einzelnen Verkauf fiele die Steuer an.

Möglicherweise wäre die Finanztransaktionssteuer auch bei der Rendite von Fonds oder privaten Rentenversicherungen spürbar – aber nur dann, wenn diese auf ein häufiges Umschichten des Portfolios setzen und damit eben auch spekulativ agieren. Dass solche Anlageformen weniger attraktiv werden, ist durchaus ein gewünschter Effekt. Die Auswirkungen auf langfristig agierende Fonds sind Berechnungen zufolge minimal.

Hoch sind hingegen die erwarteten Einnahmen: Für den Fall, dass die Finanztransaktionssteuer in der ganzen EU eingeführt würde, rechnet die Kommission mit 57 Milliarden Euro jährlich.

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9 Kommentare

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  • JH
    Jonathan Holler

    Ein Schritt in die richtige Richtung währe es allemal, aber am Ende auch wieder nur ein Aspirin für ein an Migräne erkranktes System... Ein Zinsverbot muss her, nicht mehr und nicht weniger!

  • W
    Wenstruba

    Und am Ende wird jede einzelne Überweisung besteuert und die Transaktionssteuer wird mit Befreiung für Aktien- u. a. Geldmarkt betreffenden Quatsch belegt. Wetten!?

  • Y
    yberg

    abwarten.

     

    es genügt völlig für den handel ein anonymes tochter- oder enkelunternehmen mit außereuropäischem sitz zu gründen und schon läuft die steuer ins leere.jede regelung schafft ein vielfaches an umgehungsregeln.

     

    ich erinnere an all die tochter und enkelunternehmen der commerzbank und deutschen bank-bei denen is dies ooch schon durch die medien gegeistert-die weltweit deutschen privatpersonen und unternehmen bei der steuerverkürzung,optimierung,hinterziehung hilfreich zur hand gehen,ohne daß die bundesregierung ,die übrigens bei der commerzbank größter aktionär ist,bzw. einer ihrer zuständigen untergliederungen strafrechtlich gegen die bankvorstände vorgehet und diese zur verantwortung zieht.

     

    ebenso werden sich die zig milliarden einnahmen,die geplant eingenommen werden müßten,in luft auflösen und alle beteiligten werden einmal mehr ihren guten willen erklären und sich achselzuckend ihre ohnmacht eingestehen.

     

    auch das ins leere laufende steuerabkommen mit der schweiz,kann als beispiel dienen.

     

    unsre marktwirtschaft wurde schon längst auf dem altar der kapitalwirtschaft geopfert

  • W
    Westberliner

    Wer mal auf seine Versicherungsabrechnungen schaut, der wird feststellen, dass jedes Mal 19 Prozent Versicherungssteuer erhoben werden. Dieser Betrag steigt seit Jahren unauffällig.

    Jetzt soll der "Markt" mit 0,01 Prozent "belastet" werden. Das ist ja wohl lächerlich gegenüber der Mehrwertsteuer, die wir beim täglichen Konsum zahlen müssen.

  • L
    liber-als

    > Hart für Zocker, minimal für Sparer

    So soll's doch sein. Diese Sozialschmarotzer an den Börsen, die der Gesellschaft keinen Nutzen bringen, und ihre Steigbügelhalter bei der FDP werden endlich mal ein klein wenig gebremst!

  • A
    André

    Man muss nicht die ganze Bank umverlagern, sondern nur diejenigen Einheiten, die die Transaktionen tätigen. Dann fallen keine Transaktionssteurn an.

     

    Es wird genug Möglichkeiten , die Steuer zu umgehen. Bezahlen werden es die privaten Anleger, die natürlich nicht ausweichen können, es sei denn sie eröffnen ein Konto ausserhalb der EU, z.B. in der Schweiz.

     

    Das wird ein Schuss in den Ofen.

  • W
    Weinberg

    Bezüglich der geplanten Finanztransaktionssteuer ist davon auszugehen, dass SPD und GRÜNE als Tiger starten – um dann als Merkels Bettvorleger zu landen.

     

    Im Übrigen ist zu bezweifeln, dass der Fiskalpakt für die Menschen in der EU hilfreich sein wird. Durch diesen unsinnigen Pakt á la Merkel (Heinrich Brüning lässt grüßen!) werden die Menschen durch die Finanzmärkte geknebelt. Darüber hinaus wird dieser Pakt die Grundlage für die Fortentwicklung einer menschenverachtenden Kürzungspolitik sein.

     

    Wir wäre es, wenn sich die aus CDU/CSU, SPD, GRÜNEN und FDP bestehende Große Deutschlandkoalition entschließen würde, endlich einen den Menschen dienenden Sozialpakt (der diesen Namen allerdings auch verdienen muss) auf den Weg zu bringen? Ich schließe nicht aus, dass Steinmeier, Steinbrück, Gabriel, Trittin u. Co. das Wort „Sozialpakt“ im Fremdwörterduden suchen.

  • JZ
    jan z. volens

    Do it!

  • JK
    Juergen K.

    57 MRD

     

    War nicht heute irgendwo zu lesen,

    di e"Krise" hätte bislang 4,5 Billionen gekostet

     

    also 4 500 Milliarden.

     

    Muss man also nicht wenigstens noch Sozialabgaben wie Krankenversicherung Renten und GERADE

     

    100 % wenn nicht sogar 10 000 %

     

    ARBEITSLOSENVERSICHERUNG

     

    draufhauen ?!

    (die SOFORT zur Auszahlung kommen sollen,

    an JEDEN in der EU)

     

    ICH mein schon !

     

    Wenn mal wieder Trippel A ist,

    können sich die Banken ja wieder mästen.