Finanzpolitik in der EU: Die Inflation lässt die EZB kalt
Die Preissteigerungsrate zog zuletzt im Euroraum an. Doch die Europäische Zentralbank bleibt bei einem Leitzins von null.
Mit diesen Maßnahmen will die Zentralbank die Konjunktur und die Inflation im Euroraum ankurbeln. Insbesondere in Deutschland hatte sich daran Kritik entzündet, weil die Niedrigzinspolitik die Erträge von Sparern schmälert sowie den Banken und Sparkassen zu schaffen macht. Zudem befördert das Geld, das die EZB zur Stützung kriselnder Eurostaaten in die Märkte pumpt, das Entstehen einer Immobilienblase, in deren Folge die Hauspreise und Mieten in Ballungszentren und Uni-städten rasant steigen. Zwar profitieren etwa Häuslebauer von niedrigen Zinsen für Bankkredite; hohe Grundstücks- und Baupreise machen diesen Vorteil aber wieder zunichte.
Obwohl im Februar die Preise im Euroraum um 2,0 Prozent gestiegen waren – die EZB hält eine Inflationsrate von knapp 2 Prozent für optimal –, will die Zentralbank an ihrer Geldpolitik festhalten. Es sei noch immer ein sehr wesentlicher geldpolitischer Impuls der Notenbank nötig, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Auch in den kommenden Monaten werde die Preissteigerungsrate bei 2 Prozent liegen. Zwar legten Stimmungsbarometer nahe, dass die wirtschaftliche Erholung der Eurozone an Schwung gewinne. Weil Reformen jedoch schleppend vorankämen, werde der Aufschwung gebremst.
Dass die EZB ihre Geldpolitik nicht strafft, liegt auch an der sogenannten Kerninflationsrate. Werden die Preise für Energie und Nahrungsmittel – also die Dinge, auf die Verbraucher nicht verzichten können – ausgeklammert, ergibt sich eine Inflation von zuletzt nur 0,9 Prozent. Das ist der EZB zu wenig. Insbesondere bei den Löhnen sei bislang kein signifikantes Zeichen für einen Preisauftrieb zu erkennen gewesen, so Draghi. „Die Durststrecke für Sparer und Altersvorsorge wird noch länger andauern“, kritisierte der Bundesverband Öffentlicher Banken die EZB-Entscheidungen.
Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater glaubt, dass die Zinsen nur langsam steigen: „Bis der Zinsanstieg das Sparbuch erreicht, werden wohl noch zwei oder drei Jahre vergehen.“ Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, meinte: „Die EZB sollte ihre Geldflut eindämmen, sonst besteht die Gefahr, dass sie über ihr Ziel hinausschießt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“