Finanzkrise: EU knöpft sich Ratingagenturen vor
Die Kurse an den asiatischen Börsen stürzten um bis zu sieben Prozent ab - eine Folge der Pleiten auf dem US-Hypothekenmarkt. Die Krise greift weiter um sich.
Die Angst vor den Folgen der US-Hypothekenkrise wächst. Gestern stürzten die Aktienkurse an den asiatischen Börsen um bis zu 7 Prozent ab. Dann folgte auch der DAX, der rund 2 Prozent verlor. Am Mittwoch hatte der New Yorker Dow-Jones-Aktienindex erstmals seit fast vier Monaten wieder unter der Marke von 13.000 Punkten geschlossen. Denn es gab Befürchtungen, dass auch der größte US-Immobilienfinanzierer, Countrywide, kollabieren könnte. Allerdings konnte das klaffende Finanzierungsloch von 11,5 Milliarden Dollar inzwischen durch Kredite von anderen Banken gestopft werden. Gleichzeitig beunruhigte die Märkte aber auch, dass der US-Finanzinvestor KKR bekannt gegeben hatte, seinen Bestand an notleidenden US-Hypotheken auf die Hälfte zu reduzieren und dafür Verluste von 40 Millionen Dollar hinzunehmen.
Ein wesentlicher Grund für die anhaltende Krisenstimmung ist, dass die Marktteilnehmer keine Ahnung haben, wo genau die Risiken liegen, die mit den US-Hypotheken verbunden sind. Auch bei der KKR hätte man nicht vermutet, dass sie in die Hypothekenkrise verwickelt sein könnte, ist doch dieser bedeutende Private Equity Fonds eigentlich auf Firmenübernahmen spezialisiert.
Müsste nicht die Bankenaufsicht für die nötige Transparenz sorgen? In Deutschland sind das die Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Doch die Kontrolleure haben die aktuellen Turbulenzen nicht vorausgesehen. Der Chefökonom der UN-Handels- und Entwicklungskonferenz, Heiner Flassbeck, befürchtete im taz-Interview, die Aufseher seien "damit überfordert, die vielen neuen Finanzinstrumente zu verstehen, die die Banken und Fonds ständig erfinden". Banken verbriefen beispielsweise riskante Kredite und Hypotheken, das heißt, sie wandeln sie in Wertpapiere um und verkaufen diese gleich weiter - niemand hat den Überblick, an wen.
Zudem haben die Gesetze nicht mit der Internationalisierung und Diversifizierung der Finanzmärkte Schritt gehalten. Die Bundesbank kann nur prüfen, was die hiesigen Banken in ihre Bilanzen schreiben. Die hochspekulativen Hedgefonds darf sie jedoch nicht kontrollieren. Auch wenn deutsche Banken im Ausland Fonds betreiben, sind ihr die Hände gebunden.
Die IKB Deutsche Industriebank ist dafür ein gutes Beispiel. Sie betrieb für ihre Zockergeschäfte mit US-Hypotheken eine unabhängige Gesellschaft, die in Delaware gemeldet war. Der winzige US-Staat ist bei Spekulanten beliebt, weil er kaum Steuern verlangt und die Geschäfte kaum reguliert. In den IKB-Bilanzen tauchten die Machenschaften der Tochter nicht auf - und damit auch nicht auf dem Radar der deutschen Bankenaufseher. Wie gestern bekannt wurde, hat die IKB bei ihren Zockereien mit US-Immobilien insgesamt 2,5 Milliarden Euro verloren.
Die IKB und andere Banken wiederum verließen sich auf die privaten Kredit-Rating-Agenturen Moodys, Fitch und Standard & Poors. Die hatten viele der jetzt kriselnden, auf US-Hypotheken basierenden Wertpapiere bis vor wenigen Monaten noch positiv bewertet. Jetzt will sich die EU-Kommission die Ratingagenturen vornehmen. Wenigstens einen Verhaltenskodex sollen sie künftig einhalten.
"Die eigentliche Ursache ist die politisch gewollte Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte", erklärt Detlev von Larcher vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Besonders die USA und Großbritannien sind nicht daran interessiert, dass die Hedgefonds kontrolliert werden - wickeln diese doch ihre Geschäfte meist über die Börsenplätze London und New York ab. Die Bundesregierung scheiterte jedenfalls, als sie auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm die Regulierung von Hedgefonds zum Thema machen wollte.
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