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Finanzkrise in GriechenlandSpekulation um EU-Hilfe

Indizien deuten darauf hin, das die EU-Staaten der Finanzkrise in Griechenland nicht tatenlos zusehen wollen. Wiederholt haben griechische Gewerkschaften das halbe Land lahm gelegt.

Bislang noch nicht bestätigt: Rettungspaket der EU-Staaten für Griechenland. Bild: dpa

Die EU kommt offenbar zu dem Schluss, dass die griechische Finanzkrise doch nicht nur ein Problem Griechenlands ist. Noch gestern wollten sich die EU-Finanzminister in einer Videokonferenz mit dem Thema befassen. Auch auf dem EU-Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel dürfte das Thema Griechenland ganz oben auf der Agenda stehen.

Dass auch der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, dafür aus Australien angereist kommt, weckt bei Beobachtern hohe Erwartungen: Entgegen ihren bisherigen Äußerungen kommt die EU nun Griechenland womöglich doch zu Hilfe. Auf diese Nachricht hin erholte sich der Kurs des Euro, der infolge der Griechenland-Krise unter starken Druck gekommen war, wieder ein wenig. Griechische Anleihen und Aktien waren ebenfalls im Aufwind.

Damit scheint sich die Befürchtung durchzusetzen, dass die unter EU-Aufsicht stattfindenden Sparbemühungen der Griechen nicht ausreichen werden, um die Vertrauenskrise des Euro zu beheben. Es ist zweifelhaft, ob die Regierung in Athen ohne Hilfe von außen ihr Versprechen überhaupt einlösen kann, ihr Haushaltsdefizit von derzeit 12,7 auf nur 2,8 Prozent im Jahr 2012 zu senken.

Wiederholt haben griechische Gewerkschaften in diesen Tagen mit Streiks das halbe Land lahmgelegt, darunter Flughäfen, Schulen und Behörden. Am Dienstag hatte Finanzminister Giorgos Papakonstantinou angekündigt, die Gehälter im öffentlichen Dienst einzufrieren und so 800 Millionen Euro zu sparen.

Ebenso fraglich ist, ob sich die Krise auf Griechenland beschränken lässt. Die Sorge geht um, dass Spekulanten ernsthaft gegen die Staatsanleihen weiterer verschuldeter Eurostaaten zu wetten beginnen. Die Krisenkandidaten haben auf den Finanzmärkten schon einen Namen: Pigs, Schweine. Das steht für Portugal, Irland, Griechenland, Spanien - manche setzen noch als zweites i Italien dazu.

Für diese Länder würde es dadurch immer teurer, ihre Defizite durch Schuldenaufnahme zu finanzieren. Schon jetzt fragen sich viele, wie Griechenland seine im Frühling fälligen Altschulden bedienen will. Das wiederum könnte Zweifeln an der Solidität des Euro Auftrieb geben.

Der stellvertretende Unionsfraktions-Chef Michael Meister hatte zuvor in einem Interview gesagt: "Oberste Priorität für die Union hat ein stabiler Euro." Nicht bestätigen könne man aber, dass deswegen schon an einem Rettungspaket für Griechenland gearbeitet werde, hieß es gestern bei der CDU.

Der Nachrichtenagentur dpa zufolge verlautete aus Kreisen der Bundesregierung: "Es gibt keine Entscheidung zu solchen Hilfen, und sie steht auch nicht an." In der Bundesregierung gebe es keine Zweifel an der Zahlungsfähigkeit Griechenlands. Verwiesen wird dabei auf das Verbot, dass die EU für die Schulden einzelner Mitgliedstaaten einsteht.

Einige Zeitungen hatten berichtet, Deutschland und andere als solide geltende EU-Staaten könnten Griechenland zu Hilfe kommen. Sie könnten selbst zu günstigen Bedingungen Geld auf den Kapitalmärkten beschaffen, um es dann an Griechenland weiterzureichen - natürlich nur unter strengen Auflagen. Dem hielt der linke Bundestagsabgeordnete Michael Schlecht jedoch entgegen, der brutale Sparzwang würde die griechische "Krankheit nur verschlimmern".

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2 Kommentare

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  • C
    Chris

    Die Bundesregierung wie die EU-Kommission und die Regierungen der übrigen EU Kernländer werden aus einem einfachen Grund den PIGS helfen: Allein die Deutsche Bank hält z.B. Forderungen gegen Griechenland in Form von Staatsanleihen in Höhe von ca. 47 Mrd. US-Dollar. Im Falle von Spanien kumulieren sich die Forderungen aller deutschen Finanzinstitute auf rund 240 Mrd. US-Dollar. Kommt es zum Zahlungsausfall (der Insolvenz der PIGS) bzw. kann eine Refinanzierung der verbrieften Staatsschulden über den Kapitalmarkt nicht mehr in signifikanter Höhe gewährleistet werden, müssten die Gläubiger entsprechende Abschreibungen auf ihre "Vermögenswerte" vornehmen.

     

    Es wiederholen sich nun also die Grundprobleme der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise auf der Ebene der Staatsanleihen: Ein de facto in weiten Teilen völlig insolventes System und ihre Akteure benötigt "frisches" Kapital zur Refinanzierung und Stabilsierung ihrer aufgeblähten Bilanzen. Eben dieses Kapital wird dann an andere Stelle fehlen (Kürzungen im Staatshaushalt) und so werden die spekulativen Preisblasen bei den finanziellen Vermögenswerten gestützt. Die notwednige Entwertung wird erneut verschoben, aber der nächste Chrash kommt bestimmt. Bis dahin wird aber die offizielle Politik in Berlin und Brüssel aller Wahrscheinlichkeit nicht eine strukturelle Maßnahme ergriffen haben, um den Kernursachen dieser Krise zu begegnen.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Griechenland muss die Mehrwertsteuer erhöhen!

     

    Die EU lässt einen MwSt-Höchstsatz von 25% zu.

     

    Damit könnte Griechenland sein Doppeldefizit: Staatsdefizit und Handelsbilanzdefizit nachhaltig verringern.

     

    Ungarn ist am 01.07. 2009 mit gutem Beispiel vorangegangen und hat die MwSt von bislang 20% auf 25% erhöht.

     

    Die EU sollte Griechenland zur MwSt-Harmonisierung zwingen, so auch Irland, Portugal, Spanien, Italien und vor allem auch Frankreich und Deutschland, ansonsten ist der EURO bald Schnee von gestern.

     

    Die fiskalischen Zwänge schreien geradezu nach einer höheren MwSt mit denen dann die Staaten nicht nur ihre Haushaltsdefizite beheben können, sondern auch mehr Geld für die Finanzierung des öffentlichen Bildungs- und Gesundheitswesens hätten.

     

    Mehr dazu unter:

     

    http://www.unternimm-die-zukunft.de/Ausgewaehlte_Texte/Texte_zu_verwandten_Themen/Konsumsteuer%20und%20Staatsverschuldung%20-%20B_Hardorp_DasGoetheanum_2009-12.pdf

     

     

    L.P. Häußner, Karlsruhe