Finanzkollaps in Hannover: Kein Geld für die Expo
■ Bahnreform stiehlt der Weltausstellung eine Milliarde
Der Patient kränkelte schon seit Monaten, akute Geldnöte schüttelten die zum Jahrtausendwechsel in Hannover geplante Weltausstellung Expo 2000. Um die Verteilung der notwendigen Finanzspritze für das Acht-Milliarden-Mark-Projekt streiten sich Bund, Land, Stadt und Wirtschaft noch immer. Doch inzwischen scheint der Kollaps perfekt: Als Nebenwirkung der Bahnreform klafft im Expo-Finanzkonzept eine Lücke von rund einer Milliarde Mark.
Die Verkehrsmaßnahmen erfordern nach Berechnungen der Expo-Planer rund 2,4 Milliarden Mark an Gesamtinvestitionen, die eigentlich zu 75 Prozent vom Bund über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) getragen werden sollten. Bund und Länder einigten sich jedoch im Zug der Bahnreform am Freitag abend, die GVFG-Mittel von 6,3 Milliarden Mark jährlich von 1996 an zu halbieren. Weil für die Expo keine Sondermittel vereinbart wurden, fehlt es jetzt vorne und hinten.
So umstritten das Mammut- Projekt ist, - bei einer Umfrage sprachen sich 1992 knapp 49 Prozent der Bevölkerung Hannovers gegen die Weltausstellung aus - so unterschiedlich waren die Reaktionen auf die Botschaft aus Bonn. Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD), der die Expo als Chefsache behandelt, mochte die Vereinbarungen und Folgen nicht zur Kenntnis zu nehmen. „Schröder sagt, wann die Finanzierung gescheitert ist“, meinte Regierungssprecher Heye. Für die Grünen, einzige Expo-Gegner im Landtag, sprach Pico Jordan von Totenschändung, wenn an der Expo weitergeplant werde.
Nun muß geprüft werden, ob die Expo durch Landesmittel, Kostenreduzierung oder Finanzierung durch die Wirtschaft zu retten sei. Das offenbart allerdings schon das nächste Finanzloch. Die Kosten der Weltausstellung sollen auf Bund (40 Prozent), Land (30 Prozent), Wirtschaft (20 Prozent) und Stadt (zehn Prozent) verteilt werden. Die von Bund und Land gewünschte Wirtschaftsbeteiligung an notwendigen Expo-Bürgschaften in Höhe von 500 Millionen Mark verweigern die Wirtschafts-Vertreter aber seit Monaten beharrlich.
Gerd Roth, dpa
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