Finale im Volleyballpokal: Irre Bagger-Party in Halle
Der VfB Friedrichshafen gewinnt das Pokalfinale gegen den Erzrivalen Haching. Das Blasorchester „Butzlumpa“ heizte den Fans der Volleyballer vom Bodensee mächtig ein.
HALLE/WESTFALEN taz | Als der zweite Satz gewonnen war, ging im Friedrichshafener Fanblock die Post ab. Das Blasorchester „Butzlumpa“ veranstaltete ein Höllenspektakel, die zahlreichen Trommler, die das entfesselte Ensemble begleiteten, besorgten den Rest.
Die Anhänger und ihre Mannschaft, sie waren eine Einheit. Am Ende gewannen die Volleyballer des VfB Friedrichshafen das Finale um den DVV-Pokal gegen Haching mit 3:0 (25:23, 25:20, 25:20) und sicherten sich nach dreijähriger Pause mal wieder das bronzene Ungetüm.
10.200 Zuschauer in der ausverkauften Arena bildeten einen Rahmen, der hierzulande einmalig ist. Schon beim Frauenfinale, das der Schweriner SC mit 3:1 gegen die Roten Raben aus Vilsbiburg gewonnen hatte, war die Stimmung gigantisch.
Mittendrin in der völlig euphorisierten Schweriner Fanschar stand Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering und freute sich mit. „Die Kulisse hier ist so unglaublich“, sagte Schwerins Spielerin Berit Kauffeldt, „ich hatte schon beim Einlaufen eine Gänsehaut und war froh, dass ich nicht gleich angefangen habe zu heulen.“
Die Volleyballer sind es wahrlich nicht gewohnt, vor solchen Zuschauermassen aufzuschlagen. Das gilt auch für die Friedrichshafener, die als ständiger Meister und Dauergast in der Champions League hierzulande das Maß aller Dinge sind. Als sie den Matchball verwandelt hatten, drehten die „Butzlumpa“ noch mal richtig auf.
Feiern mit Dirigent „Idi“
Plötzlich stand der Brasilianer Idner Faustino Lima Martins, den sie alle nur „Idi“ nennen, mitten im Block, hatte sich seines Trikots entledigt, das er über seinem Kopf schwang und damit die Massen dirigierte.
Dieser Sieg gegen die Hachinger, er war ein besonderer. Die Bayern hatten den nationalen Souverän im Pokal dreimal hintereinander geschlagen. Trainer Stelian Moculescu und den Dauersiegern vom Bodensee musste das wie Majestätsbeleidigung vorgekommen sein.
Nun haben sie die Dinge zurechtgerückt. Das 3:0 war nicht nur ein Sieg, es war eine Demonstration der Stärke. „Es war nicht voraussehbar, dass es so klar wird“, sagte Moculescu. „Im ersten Satz hatten wir noch ein bisschen Glück, aber dann wurde es immer deutlicher.“
Die Ekstase, der sich der gebürtige Rumäne und seine Mannschaft nach dem Matchball hingab, illustrierte, wie groß die Sehnsucht war, diesen Wettbewerb endlich mal wieder zu gewinnen. „Eigentlich hatten wir uns wieder fünf Sätze vorgestellt“, sagte Nationalspieler Marcus Böhme, der gegen Haching schon so manche Schlacht auf Augenhöhe geschlagen hat, „aber dann haben wir es doch deutlich gestaltet.“
Zum frühen Genickbrecher für die Hachinger wurde im ersten Satz beim Spielstand von 24:23 für Friedrichshafen der Aufschlag von Juraj Zatko, den der Slowake an die Netzkante setzte, von wo er unerreichbar ins gegnerische Feld tropfte. „Wenn du solche Punkte machst, dann schwimmst du auf einer Welle“, analysierte Hachings Mittelblocker Max Günthör.
Die perfekte Welle
Friedrichshafen erwischte die Welle und ließ sich von ihr bis zum Sieg tragen. Im dritten Satz spielte sich der VfB phasenweise in einen Rausch. Unglaubliche Abwehraktionen, Blocks vor die Füße des Gegners und Schmetterbälle auf die Linie – es gelang einfach alles. Als zum 17:11 mal wieder ein spektakulärer Punkt gelang, bekreuzigte Moculescu sich, als möchte er sich für so viel Gunst bei höheren Mächten bedanken.
Später in der Pressekonferenz berichtete der Erfolgstrainer über die schwierige Zeit zu Saisonbeginn: „Im November wurden wir von dem ein oder anderen doch noch bemitleidet“, sagte der 61-Jährige. Mitleid ist eine Attitüde, die ein Macher wie er überhaupt nicht gebrauchen kann. Im Gegenteil, „das stachelt mich an“.
Die Antwort im Pokalfinale war unmissverständlich. „Diese Mannschaft“, so Moculescu, „hat sich gewaltig entwickelt.“ Vor den beginnenden Play-offs in der Meisterschaft scheinen die Karten nun klar verteilt. „Dieses Spiel“, sagt Hachings Max Günthör, „wird viele von uns noch eine Weile beschäftigen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge