Finale der Deutschen Eishockey-Liga: Der weiße Berg aus Rosenheim
Sinan Akdag spielt mit Mannheim um den Meistertitel. Danach will der türkischstämmige Verteidiger mit dem deutschen Nationalteam zur WM.
MANNHEIM taz | Cool zu bleiben, ist für die Spieler der Adler Mannheim gerade nicht so einfach. Vor dem Heimspiel-Auftakt im Finale der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) am Freitag gegen Titelverteidiger ERC Ingolstadt ist die Euphorie in „Monnem“ riesig. Nach zwei Jahren, in denen die einstigen Serienmeister frühzeitig in den Viertelfinals scheiterten, scheint der erste Titel seit 2007 nun endlich wieder greifbar.
„Es kribbelt schon ziemlich“, gibt Adler-Profi Sinan Akdag zu. Die Mannheimer dominierten die Hauptrunde und gehen nach dem Halbfinale, in dem sie gegen Wolfsburg drei Mal einen 0:3-Rückstand in einen Sieg verwandelten, favorisiert ins Finale, das im Best-of-7-Modus gespielt wird. „Ich will unbedingt Meister werden“, sagt Akdag.
Für den Verteidiger geht der Traum von seiner ersten Meisterschaft vielleicht schon in der ersten Saison in Baden in Erfüllung. Nach sieben Jahren bei den Krefeld Pinguinen gab der Wechsel an Rhein und Neckar Akdag neue Kraft. Mit 11 Toren und 17 Vorlagen in der Vorrunde ist der Verteidiger so torgefährlich wie nie, er sagt: „Ich habe durch die neue Herausforderung einen Leistungsschub bekommen.“
Zudem scheinen die Adler mit dem Kanadier Geoff Ward endlich den richtigen Chefcoach gefunden zu haben. Der 53-Jährige kam mit der Empfehlung des Gewinns des Stanley-Cups mit den Boston Bruins (2011) vor der Runde nach Mannheim. „Der Trainer ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg“, sagt Akdag: „Er gibt jedem das Gefühl, wichtig zu sein, und er hat das System umgestellt. Wir spielen mit sehr viel Druck nach vorne.“ Für die Verteidiger bedeutet das in der Verteidigungszone Raumdeckung – auch, um im Umschaltspiel schneller und flexibler zu sein. „Wer passiv spielt, verliert“, sagt Akdag.
Sinan Akdag ist als Sohn einer türkischen Einwandererfamilie vor 25 Jahren in Rosenheim geboren. Ab dem Alter von vier Jahren ging er regelmäßig in die nahe Eishalle zum Eishockeyspielen. Und wie andere Jungs ihre ersten Fußballschuhe nicht mehr hergeben wollen, „verliebte“ sich der kleine Sinan in seine erste Eishockey-Ausrüstung.
Die Randsportart unter den Randsportarten
Für den Vater aus der Türkei war das Hobby des Sohnes gewöhnungsbedürftig – in der fußballdominierten Türkei ist Eishockey so etwas wie die Randsportart unter den Randsportarten. Sein Vater, der seit zwei Jahren wieder in Istanbul lebt, unterstützte ihn dennoch auf dem Weg zum Profi auf dem Eis. Auch als Sinan die Schule abbrach und mit 16 Jahren von Rosenheim nach Krefeld wechselte.
Dort holte Akdag das Abitur am Abendgymnasium nach, derzeit studiert er nebenher BWL. Und Akdag engagiert sich für die Organisation „Hockey is diversity“ und in Projekten für „Schule gegen Rassismus“. Als Kind wurde er einst wegen seiner Herkunft auf dem Eis gehänselt, das ist aber lange her. Als Akdag vor zwei Jahren seine erste WM für die deutsche Nationalmannschaft bestritt, bezeichnete ihn der deutsche Boulevard als „Eis-Özil“.
Weil Eishockey in der Türkei eher viert- als drittklassig ist – es wird vorwiegend in einer Uni-Liga gespielt –, musste sich Sinan Akdag anders als viele Fußballer wegen seines Talents nicht zwischen den Ländermannschaften seines Geburtslandes und dessen seiner Eltern entscheiden. Der Zank um die Talente wird im Fußball ja oft in beiden Ländern mit nationalistischen Untertönen geführt. Die Bezeichnung „Eis-Özil“ findet Akdag dagegen eher amüsant.
Er fände es „super“, wenn er nach dem Finale der DEL für die WM in Tschechien im Mai nominiert würde. Doch er wirbt auch in der Türkei für seinen Sport. Regelmäßig steht er in Kontakt mit dem Verbandspräsidenten am Bosporus, informiert ihn über Trainingsmethoden in Deutschland. „Ich helfe da gerne mit“, sagt Akdag, der nicht nur auf dem Eis wie jemand wirkt, den kaum etwas aus der Ruhe bringen kann. Vielleicht macht er auch nur seinem Nachnamen alle Ehre. Übersetzt heißt Akdag: Weißer Berg.
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