■ Filmstarts á la carte: Eine Frage des Talents
Models im Film – da rümpfen die Liebhaber der Filmkunst gern die Nase. Tatsächlich konnten sich ja bislang weder Cindy Crawford noch Claudia Schiffer zu besonderen filmischen Großtaten aufschwingen. Es gibt jedoch auch Gegenbeispiele: Ex-Model Andie MacDowell hat sich mittlerweile fest als seriöse Schauspielerin etabliert, und Kim Novak hat man ihre Vergangenheit als Kühlschrank vorführende „Miss Deep Freeze“ letztendlich auch nicht mehr nachgetragen. Schließlich war in Hollywoods Glanzzeiten sowieso jeder zweite weibliche Star eine ehemalige „Miss Orangenhain von Idaho“. Eine Blitzkarriere machte auch das damals neunzehnjährige Model Betty Bacall, als sie 1943 der Gattin von Howard Hawks auf dem Cover des Modemagazins Harper's Bazaar auffiel. Kurze Zeit später besaß Betty einen exklusiven Siebenjahresvertrag mit dem Regisseur und spielte nunmehr als Lauren Bacall neben Humphrey Bogart die Hauptrolle in der Hemingway-Verfilmung „To Have And Have Not“. Die Rolle als Herumtreiberin Slim prägte Bacalls Image: Gleichzeitig glamourös und kameradschaftlich, „sophisticated“ und direkt, wurde sie zum Musterbild der selbstbewußten Frau, die sich so leicht nicht unterkriegen läßt. Damit entsprach sie ganz dem typischen Frauenbild in den Filmen des Howard Hawks – Bogey hingegen fand auch Gefallen an der realen Person: Er heiratete die junge Betty kurze Zeit später. „Haben oder Nichthaben – To Have Or Have Not“.
3.5., 4.5. und 6.5. in den Tilsiter Lichtspielen
Für den Eiffelturm hatte François Truffaut eine spezielle Vorliebe: Noch in seinem letzten Film „Vivement Dimanche“ wird ein kleines Metallmodell des Bauwerks als zufällige Schlagwaffe verwendet. In Truffauts erstem langen Spielfilm „Sie küßten und sie schlugen ihn“ scheinen hingegen alle Wege zum Turm zu führen: Egal, welche Straße die Kamera zu Beginn auch entlangfährt, Eiffels Stahlkonstruktion wird kaum einmal aus dem Auge verloren. 1959 eröffnete „Sie küßten und sie schlugen ihn“ Truffauts Zyklus mit Filmen um den von Jean-Pierre Léaud verkörperten Antoine Dionel. Während die Abenteuer des erwachsenen Doinel vom Regisseur in späteren Jahren jedoch in eher leichtem Ton präsentiert wurden, geht es in seinem Debut meist bitterernst zu: Die Schonungslosigkeit und Direktheit, mit der von der unglücklichen Kindheit und den kriminellen Eskapaden des ungeliebten Jungen erzählt wird, sorgte seinerzeit für erhebliche Furore. Ein Klassiker der Nouvelle Vague.
„Bilder aus Berlin 1956–72“ zeigt jetzt das Kino in der Brotfabrik. Drei Defa-Dokumentarfilme beleuchten das Leben im Sozialismus: Da gibt es Impressionistisches vom Helmholtzplatz („Spielplatz“), Kriminelles vom Käthe-Kollwitz-Platz („In Sachen H. und acht andere“) und Kindliches (manchmal auch Kindisches) aus dem Hinterhof („Träumt für morgen“). Außerdem: ein Video mit 1956 entstandenen Amateuraufnahmen des Ostberliners Reinhard Greiner. Ein historisches Dokument: Die stark kriegszerstörten Viertel entlang der Spree, die Greiner mit der Kamera einfing, wurden kurze Zeit später fast völlig abgerissen.
Lars Penning
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