■ Filmstarts a la carte: Die Kraft der Bilder
Der Umgang mit den filmischen Hinterlassenschaften der Nazis in Form von Wochenschauen und Kulturfilmen stellt Autoren und Regisseure von Dokumentationen über das Dritte Reich immer wieder vor Probleme: Was kann man den ausschließlich auf Verherrlichung eines diktatorischen Regimes angelegten Bildern entgegensetzen, und wie kann man sie montieren, ohne daß sie ihre ursprüngliche Verführungskraft erneut entfalten? Filmemacher, die vor allem auf die vermeintliche Stärke eines Kommentars bauten, sind immer wieder heftig auf die Nase gefallen: Das Wort erwies sich den Bildern gegenüber nie als ebenbürtig oder gar überlegen. Einen interessanten Versuch mit dem Kommentar unternahm allerdings der sowjetische Regisseur Michail Romm in seinem 1965 entstandenen Film „Der gewöhnliche Faschismus“, der insbesondere der Frage nachgeht, was Menschen dazu bringt, einer verbrecherischen Ideologie zu folgen. Romm vermeidet bewußt die Objektivierung und kommentiert sehr persönlich, oft mit bitterem Sarkasmus.
„Der gewöhnliche Faschismus“ 15.5., 17.5., 19.5. im Lichtblick-Kino
Er gehört zu den wenigen Stummfilmpianisten dieser Welt, die die Zeiten als es noch gar keinen Tonfilm gab, selbst miterlebt haben: Willy Sommerfeld, mittlerweile seit Jahrzehnten eine Institution im Arsenal-Kino, wird fünfundneunzig Jahre alt. Aus Anlaß dieses freudigen Ereignisses gibt sich der Maestro wieder einmal die Ehre und begleitet zwei Klassiker des stummen Films am Klavier: Erich von Stroheims brilliantes – jedoch nie ganz fertiggestelltes – Melodrama „Queen Kelly“, in dem die Klosterschülerin Kelly erst zum erotischen Objekt der Begierde eines Prinzen wird und anschließend zur Bordellbesitzerin in Afrika avanciert, sowie Ernst Lubitschs frühes Lustspiel „Die Puppe“, das interessanterweise ebenfalls von erotischen Verwicklungen im Kloster erzählt.
„Queen Kelly“ 14.5.; „Die Puppe“ 15.5. im Arsenal; am Klavier: Willy Sommerfeld
Gleichfalls im Arsenal läuft noch bis Ende Mai eine umfangreiche Retrospektive mit Filmen des niederländischen Dokumentaristen Johan van der Keuken, dessen Filme vor allem von starkem Interesse für Politik und Musik geprägt sind. In „Amsterdam Global Village“, einem mehr als vierstündigen Porträt seiner Heimatstadt, begleitet Van der Keuken einige Bewohner zurück zu ihren Ursprüngen nach Bolivien oder Tschetschenien und berichtet auf diese Weise von den verschiedenen sozialen, politischen und kulturellen Gefügen unserer Welt.
„Amsterdam Global Village“ 16.5.; Johan van der Keuken Retrospektive noch bis zum 30.5. im Arsenal
Lars Penning
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