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■ Filmstarts à la carteGuerilla-Filmmaking

Daß Jack Nicholson aus New Jersey kommt, hat etwas merkwürdig Ironisches, weil New Jersey doch so ein harmloser Ort ist. Nicholsons Karriere zirkuliert um seinen Ruf als „Mooner“, als jemand, der plötzlich & unerwartet die Hosen runterläßt und im größeren Stil bereit ist, vor die Köppe zu hauen. Wenn Sie es genau wissen wollen, lebt Nicholson in einer formidablen Villa in Hollywood, hoch über dem Coldwater Canyon, wo er right next door to Marlon Brando lebt. In seinem Hause lebt auch eine Köchin und Sekretärin, Annie Marshall; während seine langjährige Freundin Angelica Huston im Parterre ein eigenes Zimmer hat. An den Wänden hängen, glaubt man Adolf Heinzlmeier, der es nun wirklich wissen muß, genau die Gemälde, die er als böser Geist in Batman mit Säure bespritzt hat. Neuerdings ist er aber, auch in Venedig zum Beispiel, mit einer Dame Rebecca Broussard zusammen. Wenn Zeit ist, läßt er sich von Harry Dean Stanton etwas auf der Gitarre vorspielen. Das hört sich doch wohl nach einem recht passablen Leben an, oder?

Das Checkpoint nun wird, als flankierende Maßnahme zu dem überregional startenden „Wolf“, frühe Filme zeigen, die Nicholson zum Teil mitproduziert und die der Regisseur Monte Hellman inszeniert hat.

Hellman, dessen unamerikanisierter Name Himmelbaum hieß, war ein Steher, der gut zu Nicholson paßte und in dessen Backdoor to Hell er dann 1965 mitspielte. Drei amerikanische Soldaten pirschen sich durch die Philippinen, dem Japaner auf der Spur. Der Gestus des Films ist später als „Guerilla-Filmmaking“ auch zur Handschrift von Quentin Tarrantino und Alexandre Rockwell geworden; eine überfallartige, auf guter Kenntnis der Straßenverhältnisse beruhende Art, Liebe zu zeigen. Jedes Bild eine Attacke.

The Shooting wiederum, auch ein Monte-Hellman-Film, zeigt Nicholson als aggressiven Killer in einem dürren Western, der im Wüstensand kein Heil findet. Von eleganter Kargheit.

Wer einen Western machen kann, kann auch zwei machen, und so folgte auf „The Shooting“ der Film Ride in the Whirlwind von 1966, der weniger aufgeregt ist als Peckinpah und der das Frontier-Leben hauptsächlich als Existenzkrise schildert, so ein bißchen ins Philosophische lappend. Drei Männer stoßen zu einer wüsten Bande, der die Farmer auf den Fersen sind. Die Sache ist von einer faszinierenden Hölzernheit, die allgemein Jack Nicholsons Script zugeschrieben wird. Man meint, Figuren aus einer Turmuhr treten und wieder in ihr verschwinden zu sehen.

Demnächst ist damit zu rechnen, daß im Checkpoint Kannibalen-Filme laufen. Wir sagen Bescheid. Das Checkpoint hat übrigens neue Stühle, so daß Ihr Euch keinen Bandscheibenvorfall oder eine Skoliose mehr holen müßt, wenn Ihr dort hingeht

Statt eines „Full Metal Jacket“ trägt man in Nancy Savocas Dogfight noch Karos. In gestärkten Bügelfalten und Petticoats treffen während des Vietnamkriegs zwei junge Menschen aufeinander, die zunächst kein schönes Paar sind. Er nämlich ist ab morgen Soldat, und sie ist die häßlichste Frau, die er finden konnte, um den „Dogfight“ zu gewinnen, die Wette mit seinen rotnackigen Freunden, wer das häßlichste Mädel mit zur Party bringt. „Sweet little Sheila“ hört man, und alle Songs, die das Herz begehrt. Man sieht gewissermaßen die unbeleuchtete Unterseite des Krieges, die Wahrheit über die Milchgesichter, die diesen Volkssturm bemannt haben. Dabei stellt sich nämlich heraus, daß die Schwierigkeiten lange vor dem Einsatz an der Front mit der Tanzfront, der Pickelfront, der Pettingfront beginnen.mn

Überregional startende Filme werden auf den Kulturseiten unserer Donnerstagsausgabe besprochen.

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