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■ Filmstarts à la carteMusik und Spionage

1963 fegte ein Sturm über die Welt hinweg, zu dessen prominentesten Opfern vor allem die Spezies der Schnulzensänger zählen sollte: Die „British Beat Invasion“ versprach den gelangweilten Teenagern Rebellion und Spaß – zumindest vorerst war der Rock 'n' Roll gerettet. An der Spitze der Bewegung standen damals jene vier Musiker aus Liverpool, die als The Beatles zu Weltruhm gelangten. Die Beatles waren ohne Zweifel ein Phänomen: Aufmüpfig genug, um die ältere Generation zu vergraulen, hatten sie doch gleichzeitig auch etwas Knuddeliges an sich, was es pubertierenden weiblichen Teenagern erlaubte, sie als Projektionsfläche für erste erotische Phantasien zu benutzen. Um die Popularität der Band noch zu steigern, entstand unter der Regie von Richard Lester der Spielfilm „A Hard Day's Night“.

Eine Handlung im eigentlichen Sinn gibt es überhaupt nicht: Die Beatles spielen sich in einer Serie absurder Sketche auf der Reise zu einem Fernsehauftritt selbst. Der Film fängt die Atmosphäre des „Swinging London“ und die Hysterie der Beatlemania so perfekt ein, daß Lesters phantasievolle Version eines „normalen“ Tages im Leben der Beatles uns heute nahezu authentisch anmutet. Die Flucht vor kreischenden Fans, hektische Fernsehshows und bescheuerte Presseempfänge (Frage: „Wie nennen Sie Ihren Haarschnitt?“ George Harrson: „Arthur.“) gehörten für die Beatles damals schließlich zum Alltag. Tatsächlich gehen wir jedoch dem ehemaligen Werbefilmer Richard Lester auf den Leim: Er präsentiert das Produkt „Beatles“, wie wir es uns wünschen. Und so erscheinen die vier Pilzköpfe denn auch durchweg witzig, enthusiastisch und kreativ – eben einfach „fab“.

Vor allem aber stellte „A Hard Day's Night“ die Beatles als untrennbare Einheit dar – um so größer war der Schock für die Öffentlichkeit, als sie sich dann später im Streit trennten. Neben der Musik der Beatles sorgte auch Lesters filmische Umsetzung damals für frischen Wind: Er ließ mit der Handkamera filmen, suchte ungewöhnliche Perspektiven, riskierte Reißschwenks und pflegte jene sprunghafte Montage, die viele der Musiknummern auch heute noch wie innovative Videoclips wirken läßt.

Nach dem gleichen Strickmuster drehte Lester ein Jahr später den zweiten Beatles-Spielfilm „Help!“. Zwar wurde für die Produktion diesmal mehr Zeit und Geld aufgewendet, doch man merkt dem Film auch ein wenig den Zwang zur Originalität an. In der Spionage-Parodie um eine orientalische Sekte, die es auf Ringo Starrs Ring abgesehen hat, wirken die Beatles fast wie Gäste. Amüsant bleibt es dennoch, besonders in der Originalversion, die jetzt im Bali-Kino zum Einsatz kommt.

Auch in „Peking Opera Blues“ von Hongkong-Zampano Tsui Hark dreht sich alles um Musik und Spionage. Die actionreiche Geschichte dreier Frauen, die sich zufällig zusammenfinden, um ein Dokument zu stehlen und die Demokratie zu retten, kommt als farbenprächtige Ausstattungsrevue daher, in der die Kampfszenen die Ästhetik von Musicalnummern besitzen und die ständigen Slapstickeinlagen den Gedanken an Gewalttätigkeit gar nicht erst aufkommen lassen.

Und um die Selbstverständlichkeit, mit der hier Frauen als Actionheldinnen ohne dämliche Possen auftreten können, ist das Hongkong-Kino ganz allgemein zu beneiden.Lars Penning

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