■ Filmstarts à la carte: Happy Birthday!
Gerade erst hat der Kinosaal im Deutschen Historischen Museum nach einer mehrmonatigen Umbaupause die Tore wieder geöffnet, da gibt es auch schon einen weiteren Grund, die Sektkorken knallen zu lassen: Das hochwohllöbliche Zeughauskino, dessen Programmgestalter in den vergangenen Jahren immer wieder mit ihren thematischen Filmreihen und historischen Ausgrabungen überzeugten, begeht den fünften Jahrestag seiner Eröffnung. Aus diesem Anlaß wird am kommenden Sonntag ganztägig gefeiert; vormittags mit Musik und Brunch, am Nachmittag und Abend dann mit einem gemischten Filmprogramm bei freiem Eintritt.
Eröffnet wird der Reigen mit Walter Ruttmanns Dokumentarfilm „Berlin. Die Sinfonie einer Großstadt“ aus dem Jahr 1927. Seinerzeit gehörte der Maler Ruttmann zur Speerspitze der deutschen Avantgarde: Das Konzept, ein Porträt einer Großstadt – vom frühen Morgen bis in die Nacht – ganz ohne Handlung und Schauspieler zu gestalten, galt als gewagt. Seine stärksten Momente hat der Film immer dann, wenn Berlin als Ort der Modernität und des Tempos gezeigt wird. In den Fabriken setzen sich die Schwungräder in Bewegung, Kolben sausen auf und nieder, draußen brandet der Verkehr – eingefangen in dynamischen Bildkompositionen. Auch am Abend geben sich die Menschen ganz der Bewegung hin: bei Tanz und Sport, beim Glücksspiel am rotierenden Roulette oder beim schwungvollen Schütteln der Cocktails.
Etwas beliebig wirkt dagegen Ruttmanns Art der Assoziationsmontage, die Ähnlichkeiten von Handlungen (Menschen beim Essen; Zoolöwe nagt am Knochen) oder Bewegungen (Arbeiter auf dem Weg zur Fabrik; Kühe auf dem Weg zum Schlachthof; marschierende Soldaten) zum Anlaß nimmt, die entsprechenden Bilder formal miteinander zu verbinden, ohne dabei inhaltliche Aussagen zu treffen.
Als Höhepunkt des Nachmittags kommt mit „Der Dieb von Bagdad“ (1940) das schönste aller filmischen Orientmärchen zur Aufführung. Die gelungene Mischung aus Märchen-, Abenteuer- und Liebesfilm läßt nicht vermuten, daß es bei der Produktion eine Reihe von Schwierigkeiten zu überwinden gab: Der ursprünglich engagierte Regisseur Ludwig Berger interessierte sich für den Geschmack des Produzenten Alexander Korda nämlich viel zu sehr für die Schauspielerführung und zu wenig für Spektakel und Dekors. Deshalb wurden mit Michael Powell und Tim Whelan gleich zwei weitere Regisseure engagiert, um Trickaufnahmen und Action-Szenen zu drehen und die Bauten ins rechte Licht zu rücken.
Neben Sabu als gewitztem Dieb und dem genialen Conrad Veidt als schurkischem Großvesir sind es dann auch vor allem die farbigen Dekorationen (Korda zu seinem Bruder Vincent, dem Filmarchitekten: „Bau es viermal so groß und streich alles rot“), die die britische Produktion immer wieder sehenswert machen. Von der ersten Einstellung an – ein Schiff mit roten Segeln kommt in voller Fahrt auf die Kamera zu – erweist sich „Der Dieb von Bagdad“ als Traum in Rot und Blau; jene Farben, die das Technicolor- Verfahren mit seinem hohen Farbsättigungsgrad besonders leuchtend wiedergeben konnte.
Mit dem selten gezeigten Buster Keaton-Film „Seven Chances“ wird der Tag dann heiter ausklingen. Zwar hatte Keaton sich mit „Seven Chances“ nie so recht anzufreunden vermocht, weil ihm die vorgegebene Handlung des Theaterstücks nicht so viele Möglichkeiten für seine artistischen Stunts bot, wie er es sich wünschte.
Aber nach einem etwas langsamen Start kommt die Sache dann buchstäblich doch noch ins Rollen: Das Finale mit der Felslawine und den Horden heiratswilliger Bestien, die es auf Busters Erbschaft abgesehen haben, gehört zu den furiosesten Sequenzen in Keatons Schaffen.Lars Penning
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