■ Filmstarts à la carte: Landeanflug auf die Suppenschüssel
Das fünfzigjährige Jubiläum der Luftbrücke feiert man augenblicklich allerorten und natürlich besonders in Berlin. Das Zeughauskino jubiliert mit: zum einen mit einer Veranstaltung, bei der neben dem dokumentarischen Kurzfilm „Berlin Airlift 1948“ auch ein Vortrag von Ann Tusa mit dem Thema „The Airlift: Turning Point in the Post-War World“ sowie ein Podiumsgespräch mit britischen Luftbrücken-Piloten auf dem Programm stehen. Und zum anderen mit George Seatons Spielfilm „The Big Lift“ (1950), in dem Monty Clift und Paul Douglas als Angehörige der Air Force per Rosinenbomber in die zerstörte Stadt einschweben: Zwei Amerikaner in Berlin: naiv, staunend und mitfühlend angesichts des Elends der eine, voller Ressentiments und Vorurteile der andere.
Keine Propagandaschlacht gegen die Sowjets wird hier geschlagen, eher schon steht die Frage im Raum, ob die Deutschen die Luftbrücke überhaupt verdient haben.
Die deutschen Charaktere zeichnet der Film durchaus differenziert, so daß die Hauptfiguren am Ende beide eine Lektion erhalten und gelernt haben: Clift ist in seiner Gutgläubigkeit von einem kalt berechnenden deutschen Fräuleinwunder ausgenutzt worden (Cornell Borchers, die dann in den Fünfzigern noch eine kurze amerikanische Karriere bei Universal erlebte), aber auch Douglas beginnt – vornehmlich angeregt durch eine positive Erfahrung in Gestalt Bruni Löbels – langsam umzudenken.
Historisch interessant sind natürlich vor allem die Aufnahmen des zerstörten Berlin (etwa der kaputten Siegesallee: „Sieht gar nicht mehr nach Sieg aus“, sagt Clift) und der Luftbrücke, insbesondere des haarigen Landeanflugs auf Tempelhof.
Die verschiedenen Ausführungen der „Toteninsel“ gehörten nicht zu den beliebtesten Werken des Schweizer Malers Arnold Böcklin, sie waren, lange bevor Walter Benjamin das „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ analysierte, regelrecht zu wahren Tophits des ausgehenden 19. Jahrhunderts geworden. Mit mythologischen Themen und seinen düsteren Phantasielandschaften hatte der Maler nach langen Perioden der Erfolglosigkeit schließlich doch den Nerv des Publikums getroffen. Zur Zeit sind die Gemälde Böcklins in einer Ausstellung der Nationalgalerie gemeinsam mit Werken der Surrealisten und Böcklin-Bewunderer Giorgio de Chirico und Max Ernst zu sehen. Auch beim Checkpoint-Kino sorgt man sich um unsere kunsthistorische Bildung und hat deshalb an den kommenden Wochenenden das Filmporträt „Arnold Böcklin 1827–1901“ von Bernhard Raith ins Programm genommen. Beeindruckend ist hier vor allem die Anzahl der Bilder, die – auch aus Privatsammlungen – für den Film zusammengetragen wurden – über den biographischen Interpretationsansatz ließe sich hingegen streiten.
6./7.6. im Checkpoint
Lars Penning
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen