piwik no script img

■ Filmstarts à la carteZweifelhafte Heroen

„Helden“ präsentiert die Stiftung Deutsche Kinemathek am heutigen Donnerstag im Zeughauskino in zwei nicht unumstrittenen Filmen der Prä-Nazizeit: „Die letzte Kompagnie“ und „Der Rebell“ entstanden 1929 respektive 1932 unter der Regie des jüdischen KPD-Sympathisanten und späteren Emigranten Kurt Bernhardt.

1927 hatte der deutschnationale Medienmogul Alfred Hugenberg den Filmkonzern Ufa übernommen, deren Geschäftsleitung künftig eine ihrer vornehmsten Aufgaben in der Verbreitung nationalen Gedankenguts sah – sofern es sich kommerziell rentierte. Der Schauspieler Otto Gebühr kam in der Folge kaum mehr aus Kostüm und Maske des Alten Fritz heraus, aber auch Stoffe aus der Zeit der Napoleonischen Kriege erfreuten sich großer Beliebtheit: Sie boten den Anlaß, um in historischer Verkleidung gegen den „Erbfeind“ Frankreich zu Felde zu ziehen.

Wie etwa „Die letzte Kompagnie“, die unter Führung Conrad Veidts bis zum letzten Mann eine Mühle gegen feindliche Übermacht verteidigt, um den Rückzug der eigenen Armee zu sichern. Interessant bleibt, daß die Ode auf preußische Pflichterfüllung und das Führerprinzip hier von Filmschaffenden vorgetragen wird, denen später der Führer noch arg zu schaffen machen sollte: Neben Conrad Veidt und Kurt Bernhardt emigrierten unter anderen auch Produzent Joe May und Mitautor Hermann Kosterlitz. Inwiefern in Skript und Regie auch andere als die deutschnationalen Wertvorstellungen der Auftraggeber einfließen konnten – darüber kann man vielleicht etwas in der Einführung von Wolfgang Jacobsen zum Film erfahren, der lediglich in einer englischsprachigen Fassung erhalten geblieben ist.

Weitaus bekannter als „Die letzte Kompagnie“ ist die Produktion der Deutschen Universal-Film „Der Rebell“ – nicht zuletzt wegen seines Hauptdarstellers und Co-Regisseurs Luis Trenker. Gerade ob der gelungenen fotografischen und inszenatorischen Gestaltung bezeichnete der Filmtheoretiker und -kritiker Rudolf Arnheim den „Rebell“ als „tief böse“, da sich seiner Ansicht nach hier „der Schlagetot ins glitzernde Gewand der Schönheit (kleidet)“. Erneut geht es um die Napoleonischen Kriege: Tiroler Bauern lehnen sich gegen die Fremdherrschaft auf. Anfangs zeigen Trenker und Bernhardt die Heimat als Idylle: Schafe und Kühe weiden friedlich auf den Almen, Senner ziehen mit ihren Sensen den Berg hinauf, das Auge weidet sich an dramatischen Wolkenformationen und am prächtigen Spiel der Sonne im nebelverhangenen Wald. Trenker und Luise Ullrich treffen sich am plätschernden Gebirgsbach: Eine Romanze bahnt sich an. Dann der krasse Kontrast: Der heimkehrende Trenker findet sein niedergebranntes Haus vor, Mutter und Schwester sind ermordet. Die Folge: Rebellion, dramatische Flucht in die Berge, Organisation des Widerstandes, schließlich der Tod. Doch der Geist der hingerichteten Freiheitskämpfer lebt weiter. Bernhardt gefiel die Romantik der Geschichte; Trenker bevorzugte vermutlich das Heroisch-Nationale (obwohl auch er unter den Nazis später nicht sonderlich gelitten war): „Der Rebell“ bewegt sich im Spannungsfeld zwischen naivem Spaß an der Action und der Ästhetisierung des Krieges sowie tumben nationalen Reden.

Lars Penning

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen