Filmfestspiele in Cannes: Ein arges Ackeren
■ "Venusfalle" von Robert van Ackeren
Leibnizstraße, Ecke Giesebrecht, ist es dann soweit. Max und Maria haben sich gesucht, sind mit ihren Autos ganz Berlin abgefahren und, wie höhere Fügung es will, schließlich zusammengestoßen - ist das nicht ein herrliches und zutreffendes Bild für die Fährnisse der Liebe? Sie ziehen sich aus und treibens auf dem nächtlich nassen Asphalt. „Wenn ich ein Projekt beginne“, sagt Ackeren, „habe ich meistens ein einziges Bild vor Augen, ein winziges Detail, eine Geste, eine kurze Situation. Hier war es das Bild einer großen, schönen aber schwachen Frau, die einen kleinen, starken Mann in ihrer Handtasche trägt. Und je mehr sie den Mann liebt, desto größer wird er.“ So unlogisch wie dieser Satz ist der ganze Film. Er macht Lust auf Bilder, gar Details, und gerät zur abstrakten ideologischen Konstruktion über das Verhältnis von „Mann“ und „Frau“. Und so abstrakt und kalt bleibt die eingangs beschriebene Szene. Zwei Schauspieler treiben nicht Liebe, sondern, ineinander verkrampft, arge Ackerei. „Mann“ Max (Horst–Günther Marx) ist ein symphatischer Arzt um 30 und rechter Tunichtgut, der „mal wieder wissen will, wie es ist, verliebt zu sein“, und so charmant lächelt, daß sich alle Frauen tatsächlich immer gleich ausziehen. „Frau“ Maria (Myriem Roussel ist Ballettänzerin und Gespielin des irgendwie eleganten und kunstsinnigen Kurt (Hannes Zischler). Max will Maria. Max Verlobte ist dagegen. Da Max Arzt ist, ist Coco (Sonja Kirchberger) Arzthelferin. Also ist Max ihr Glück, und darum kämpft sie. Coco ist vielleicht das Beispiel für die „schöne aber schwache Frau“. Wie die meisten Arzthelferinnen - Ackeren beweist sich da als echter Frauenkenner - ist sie nicht besonders intelligent. „Wußten sie schon, daß Frauen ein kleineres Gehirn haben?“, fragt sie einmal. Dafür aber hat sie Kurven, ist stets geil auf ihren Liebsten und Chef und trägt tiefausgeschnittene Kittel mit nichts drunter. Ackeren ist vielleicht das Beispiel für den kleinen, starken Mann. Ab in die Handtasche. Thierry Chervel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen