frisches flimmern : Filme gegen die Kälte
Ob Bergmensch oder Lolita. Zwei Filme erzählen vom Verlangen nach Zuneigung.
Der Berg ruft
Kling Glöckchen, verschneite Berge, Kerzenschein. Der neue Heimatfilm „Bergkristall“ des Münchner Regisseurs Joseph Vilsmaier („Leo und Claire“) erzählt ein weihnachtliches Märchen. Während ihres Winter-Urlaubs muss sich eine Familie aus der Stadt notgedrungen beim Dorfpfarrer Ernst (Max Tidof) einquartieren. In der gemütlichen Stube erzählt der Geistliche dann die Legende vom „magischen“ Bergkristall: Eine uralte Fehde zwischen zwei Bergdörfern zerstört das Liebesglück zwischen dem Schuster Sebastian (Daniel Morgenroth) aus Gschaid und der Färbertochter Susanne (Dana Vavrova) aus Millsdorf. Ihre Familie zerfällt. Susanna kehrt ohne die eigenen Kinder in ihren Heimatort zurück. Nur die Kraft eines magischen Bergkristalls kann die Liebenden jetzt wieder vereinen. Am Heiligabend besuchen Konrad (François Göske) und Sanna (Josefina Vilsmaier) ihre Mutter in Millsdorf. Auf dem beschwerlichen Rückweg geraten die Geschwister in einen Schneesturm und verirren sich. Die Dorfbewohner kommen endlich zur Besinnung.
„Bergkristall“ ist ein moderner Bergfilm und lässt vor der wunderbaren Naturkulisse die Konflikte der Figuren offen zu Tage treten. Das herzerwärmende Familiendrama, nach der gleichnamigen Erzählung von Adalbert Stifter aus dem Jahre 1853, handelt von Liebe und Hass, Barmherzigkeit und Versöhnung. „Wenn die Kirchturmglocken läuten und dann in ‚Stille Nacht‘ übergehen, ist dies ein hochemotionaler Moment“, sagt Regisseur Vilsmaier. So einfach funktioniert vorweihnachtliches Gefühlskino nach der Pawlow-Methode.
Die Lolita schmollt
Lolita Cassard (Marilou Berri) ist unzufrieden. Die zwanzigjährige Pariserin hasst ihr dickliches Aussehen und ihre Minderwertigkeitskomplexe. An ihrem verführerischen Vornamen hat sie schwer zu tragen. Selbst der eigene Vater Etienne (Jean-Pierre Bacri) interessiert sich nicht für ihre Sorgen. Ständig buhlt sie um seine Aufmerksamkeit. Doch der so selbstgefällige wie berühmte Schriftsteller umgibt sich lieber mit einem schmeichelnden Gefolge von Vasallen. Die Einladung, ein Wochenende in Cassards Landhaus zu verbringen, nehmen deshalb alle gerne an – auch Lolitas Gesangslehrerin Sylvia (Agnès Jaoui) und ihr Mann Pierre (Laurent Grevill). In der Dorfkirche soll ein Konzert stattfinden, bei dem Lolita erstmals vor Publikum singen will. Der Eklat ist vorprogrammiert.
Die französische Filmemacherin Agnès Jaoui („Lust auf Anderes“) spielt in „Schau mich an!“ eine der Hauptrollen, hat das Drehbuch mitverfasst und Regie geführt. Ihr bitterböses satirische Portrait einer französischen Gesellschaftsschicht sprüht vor Wortwitz. Ihre Themen sind universell. Für ihre Geschichte um eine gestörte Vater-Tochter-Beziehung erhielt sie, gemeinsam mit Jean-Pierre Bacri, in Cannes die Goldene Palme für das beste Drehbuch. STEFAN ORTMANN