piwik no script img

Fette Ernten dank des KlimawandelsDeutsche Bauern im Glück

Die Bodentemperaturen sind in den vergangenen 50 Jahren um fünf Grad gestiegen. Die deutschen Landwirte freut's – die Erträge fallen üppiger aus.

Landwirt Eberhard H. präsentiert auf seinem Hof im brandenburgischen Philippsthal voller Stolz eine rund 400 Gramm schwere Speisekartoffel. Bild: dapd

BERLIN taz | Die deutschen Landwirte dürften dank höherer Erträge unter dem Strich vom Klimawandel profitieren. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) präsentierte am Mittwoch Berechnungen, nach denen die mittlere Bodentemperatur im Aussaatmonat April in den letzten 50 Jahren um fünf Grad auf 16 zugenommen hat.

„Dieser Trend wird sich bis 2100 fortsetzen“, prognostizierte DWD-Vize Paul Becker. Ende des Jahrhunderts könne dann drei Wochen früher gesät werden als in den 60ern. Derzeit sind es bereits sieben Tage früher als damals.

Um 30 bis 40 Prozent könnten die Erträge durch die Erwärmung steigen, schätzt Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Eine zweite Ernte im Jahr könne sich künftig für viele Landwirte lohnen, ebenso wie der verstärkte Anbau von Zuckerrüben.

„Auch der Mais dürfte in Deutschland zu den Gewinnerpflanzen des Klimawandels gehören“, sagte Becker. Auch der Anbau von Hirse wird mit wärmeren Temperaturen deutlich attraktiver. Soja, bislang zu empfindlich für hiesige Breitengrade, wird derzeit in Bayern bereits erprobt.

Feuchter Sommer, trockenes Frühjahr

Allerdings verursacht der Klimawandel auch Probleme für die Landwirtschaft. So werde es zwar insgesamt nicht weniger regnen, die Niederschläge würden sich aber anders auf das Jahr verteilen, prognostiziert der DWD. Während die Sommer wahrscheinlich feuchter werden, sind Frühling und Frühsommer bereits in den vergangenen Jahren deutlich trockener ausgefallen.

Laut DBV müssen deshalb Pflanzen sowohl resistenter gegen Trockenheit als auch besser gegen Pilzbefall geschützt werden. „Dadurch werden neue Herausforderungen an die Züchtung auf Resistenzen gestellt und vor allem auch an den Pflanzenschutz“, sagte Schwarz.

Daher forderte er die Politik auf, weiterhin in flächendeckende Sortenversuche zu investieren. Vielerorts seien diese Versuche aus finanziellen Gründen gefährdet. Es sei aber wichtig, neue Sorten zu entwickeln, die sowohl größere Hitze als auch extreme Kälte vertrügen, erklärte Becker. Diese könnten auch ohne Einsatz von Gentechnik entwickelt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • MG
    manfred Gerber

    Der Bauernverband bettelt jetzt schon um neue wirksamere Fungizide und faselt von Resistenzen. Resistenzen gegen Pilze gibt es bei Pflanzen nicht, sondern Toleranzen, dafür aber bei den Schädlingen. Die werden zunehmend resistent gegen die Pestizide, die man hemmungslos einsetzt.

    Würde die Landwirtschaft statt mit giftigen Pestiziden, mit wirksamen Düngermitteln arbeiten, gäbe es kein Resistenzproblem der Schädlinge, den essentielle Düngemittel, wie Löschkalk wirken durch den pH-Wert von 12,4!

    Wir haben also kein Schädlingsproblem, sondern ein Kompetenzproblem. Deutsche Landwirtschaftskammern beraten nur in Richtung chemischer Pflanzenschutz. Wirkungsvolle Alternativen werden bei den größtenteils industrieabhängigen Akademikern in führenden Positionen ausgeblendet.

    Klagen vor dem Eu-Gerichtshof, werden den Bauernverband hoffentlich einen fürsorglicheren Umgang mit unserer Natur lehren.

  • P
    Peter

    Und warum sind die Preise für Grundnahrungsmittel drastisch gestiegen?

    Aldi hat teilweise die Preise um ca. 30% angehoben.

  • KR
    Kevin R.

    Die taz beansprucht zu Recht die Meinungsführerschaft bei Umweltthemen. Warum fallen dann solche Artikel zur Landwirtschaft derart oberflächlich und unkritisch aus? Der Deutsche Bauernverband hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig um die Umwelt und wenig um nachhaltig wirtschaftende Bauern geschert. Warum befragt der Autor nicht auch ökologisch denkende Fachleute von BUND, Bioland, AbL oder aus der kritischen Agrarforschung zur Sache?

  • SK
    Sir Kiebitz

    Und der Boden interessiert keine Sau.

     

    Humuszehrung, Monokulturen, Artenrückgang ..

     

    Nur was ich in ein System reinstecke, kann ich auch wieder rausziehen, ohne es kaputt zu machen.

     

    Leider ist dieser Gedanke vielen Industrie-Agrarianern fremd.

     

    Und die Landwirte mit Gefühl für Boden und Pflanze werden verdrängt. Monsanto, Bayer, etc ... kanns nur recht sein.

     

    Leute, kauft wenn möglich beim Bauern selbst. Muss nicht unbedingt Bio oder Öko sein, aber er sollte sich Mühe geben, das Land zu "bewirtschaften" .. und nicht "auszubeuten".

     

    Grüße

     

    Sir Kiebitz

  • UH
    Udo Henn

    Bei allem Respekt vor Paul Becker - eine Klimatrendprognose 88 Jahre im voraus ist unserioes und beschaedigt generell die Glaubwuerdigkeit des DWD.