■ Fernsehheld: Subjektiv und radikal
„Kinder der Welt“, ARD, 21.30 Uhr
Wer in Gordian Troellers Filmen nach Ausgewogenheit fahndet, muß enttäuscht werden: Einseitig, subjektiv und radikal sind alle der weit über 70 zählenden Arbeiten, die der gebürtige Luxemburger bisher für das Fernsehen gedreht hat. Für sein Gesamtwerk bekam er deshalb in diesem Jahr eine Adolf- Grimme-Ehrung; auf dem „Leipziger Dokumentarfilmfestival“ ist ihm jetzt eine Werkschau gewidmet. Daß Troeller seit fast dreißig Jahren sein Arbeitsleben der Berichterstattung über die Ausbeutung der sogenannten „Dritten Welt“ durch die reichen Industrienationen gewidmet hat, machte ihn zum Fernsehhelden. Nicht zu vergessen ist jedoch dabei, daß seine inzwischen verstorbene Mitarbeiterin und Lebensgefährtin Marie-Claude Deffarge einen wichtigen Beitrag an den „Troeller-Filmen“ geleistet hat.
Auch die ARD feiert den Dokumentaristen gerne als ihr Markenzeichen. Doch nur Radio Bremen, der kleinste Sender, fand den Mut, Freiraum für die unbequemen Reportagen zu schaffen. Trotz Kürzungen auf dreißig Minuten sicherte ihm seine Prominenz sogar einen Feature-Termin pro Jahr im Hauptprogramm. Heute ist es wieder soweit, der neueste „Troeller“ führt nach Nicaragua. Für den Film „Kinder der Welt“ berichten er und Ingrid Becker- Ross von einer neuen Straßenpädagogik, die die Kinder nicht als Sozialfälle betrachtet, sondern sie ermutigt, sich zu organisieren. Solidaritätsbewegungen der rund 40.000 betroffenen Mädchen und Jungen sind mittlerweile in ganz Lateinamerika tätig. Inzwischen haben die Straßenkinder sogar einen viertägigen Kongreß organisiert, den die Chronisten besucht haben. SaJa
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