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Fernes, heiles Herz

■ Einer der Größten kommt: Bob Dylan

Ein Mann, der so viele Wege gegangen ist, kann es sich leisten, so viele Sackgassen und Umwege auszuprobieren, wie er es für richtig hält. Wir jedenfalls haben uns nie irre machen lassen. Weder damals von der engagierten Englischreferendarin, die uns weismachen wollte, Dylan sei ein Protestsänger. (Ein Protestsänger? Höchstens eine kurze Attitüde, bald weggeblasen in dem Wind). Noch später von den Besserwissern, die Dylans musikalische Fähigkeiten benörgelten: Der könne ja gar nicht singen, und Mundharmonika spielen könne er erst recht nicht. (Dylan kann nicht singen? Ach was, wen kümmert's! Und die Mundharmonika? Die Mundharmonika, na ja gut, die Mundharmonika . . .)

Dylan ist groß, darauf bestehen wir auch jetzt – obwohl wir uns bei dem letzten Auftritt im Stadtpark, wenn wir nicht so aufgeregt gewesen wären, eher gelangweilt hätten und über das Publikum (Lehrer und ihre Söhne, Lehrerinnen und ihre Töchter) erschrocken waren. Muß man es begründen, Dylan-Fan zu sein? Wenn ja, fiele uns in der Kürze der Zeilen nur ein Rilke-Zitat ein: „Wer singt das ferne Herz, das heil inmitten aller Dinge weilt?“ Dylan singt es! Und ist es zugleich selbst, das ferne Herz, das uns doch berührt, hier, inmitten aller Dinge, und dabei heil geblieben trotz eines Motorradunfalls und weiß Gott nicht weniger Schallplatten- und Konzert-Unfälle.

Um das Bekenntnis dieses kleinen Textes zu vollenden: Manche Lieder Bob Dylans haben wir immer – geliebt. Wir werden das auch Sonntag tun, wenn Dylan wieder im Stadtpark auftritt – auf unsere Weise. Dirk Knipphals

So, 2. Juli, Stadtpark, 19 Uhr

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