: Feinste Jazzavantgarde heute im MIB
Der Trompeter Rajesh Mehta ist Weltbürger, und nicht die Ideologie, sondern der Jazz hat ihn dazu genmacht. Er ist 1964 in Kalkutta geboren, lebte lange in der USA, musiziert gerne in Amsterdam und hat zusammen mit dem Hamburger Peter Niklas Wilson, Redakteur des zweifelsfrei weltbesten Musikmagazins „Neue Zeitschrift für Musik“, ein Avantgarde-Label gegründet. Mehta ist aber auch Unterwasserbewohner, genauer gesagt ein Tintenfisch. Jedenfalls nennt er das Ding, in das er bläst „Tentakelinstrument“. Mehrere Hörner sind durch Schläuche solchermaßen vernetzt, daß sich Mehtas Atem verzweigt – irgendwie passend zu modernen Theorien wie Kybernetik oder Systemtheorie. So ist seine Mehrstimmigkeit im Gegensatz zu der eines Albert Mangelsdorff nicht auf die engen Begrenzungen der Obertonreihe angewiesen. Warum aber, fragt der Rationalist, spielt Mehta nicht einfach mit anderen Trompetern zusammen, wenn er auf Mehrstimmigkeit steht? Vielleicht ist es der lonesome-cowboy-Jazzerblues, dieses Bedürfnis, zur Not, wenn's hart kommt, auf alle anderen pfeifen (oder sollte man sagen trompeten?) zu können. Vielleicht legt aber auch das sonderbare Combi-Instrument formale Grenzen auf, die Mehta als produktiv erlebt. Jedenfalls scheint es schwierig zu sein, mit gespaltener Zunge einen homophonen Satz zu spielen. Eher verlockt das Instrument zu echoartigen oder engmaschigen polyphonen Strukturen, manchmal im Stil der minimal music. Im MIB (Buntentorsteinweg 112) wird Mehta heute ab 21 Uhr zusammen mit dem Bremer Gitarristen Hainer Wörmann zu hören sein. taz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen