■ Fehlstart: Norwegen im Goldrausch
Es ist doch eine Sommerolympiade, da in Barcelona, oder? Die Frage muß man sich stellen, liest man mit Staunen von den Erwartungen, die Norwegen in sein Olympiateam setzt. „Eine neue Goldschwemme“ ist das mindeste, was erhofft wird. Der Goldrausch von Albertville vor einer Neuauflage? Wenn schon nicht, wie im Winter, jeden Tag ein Sieg — drei bis fünf Goldmedaillen sollen es schon werden. Fünf waren es zuletzt 1924 in Paris. Und Paris soll die Meßlatte sein.
Daß die norwegischen Sportlerinnen und Sportler beileibe nicht allein antreten in Barcelona, wird im Erwartungsrausch schnell vergessen. „Wir wollen hier allerdings einfügen, daß noch mehr am Ruderwettbewerb teilnehmen“, scheint der Sportredakteur von Verdens Gang gerade noch nachträglich in seinen fertigen Text über die norwegischen Medaillenchancen eingefügt zu haben. Neben de nationalen Sportidolen, der Speerwerferin Trine Solberg Hattestad und dem Ringer Jon Ronningen, ruhen die norwegischen Hoffnungen vor allem auf der Schwimmerin Irene Dalby, dem Segler Jorunn Horgen, dem Ruder-Doppelvierer und dem Frauen-Handballteam.
Norwegen im Goldrausch
Daß die Handballfrauen nur wegen des Ausschlusses des jugoslawischen Teams nach Olympia gelangt sind, wird nicht etwa mit bescheidener Demut registriert. Im Gegenteil: Außenminister Stoltenberg erntet für seinen Einsatz an der UN-Front hohes Lob, und kein Geheimnis wird daraus gemacht, daß es vor allem seinem Druck im Sicherheitsrat zu verdanken ist, daß die jugoslawischen Mannschaften zu Hause bleiben mußten — zugunsten der heimischen Handballerinnen.
Jon Ronningen, der Ringer, ist den Erwartungen inzwischen gerecht geworden. In der allerletzten Sekunde des Finalkampfes im Fliegengewicht kugelte er Alfred Mkrytischian (GUS), der sich schon als Olympiasieger wähnte, über die Matte und verteidigte sein Gold von Seoul. Ein vielversprechender Anfang.
Und was bleibt dem Nachbarn Schweden bei all den Vorschußlorbeeren für den sportlichen Erzrivalen. Tiefstapeln und genüßlich die Dopingskandale aufzählen, die den norwegischen Sport in den letzten Monaten beutelten: „Deshalb ist die Mannschaft auch so klein.“ (Dagens Nyheter). Reinhard Wolff (Oslo)
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