Fehler folgt Rauswurf: Blauer Grüner sieht Rot
Grünen-Spitze setzt Wahlkampfmanager ab. Hintergrund sind offenbar Trunkenheit und Widerstand gegen die Polizei. Renate Künast geht mitten im Wahlkampf eine Schlüsselfigur verloren
Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast steht elf Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl abrupt ohne Wahlkampfmanager da. Ihr bisheriger Stratege, Landesgeschäftsführer André Stephan (31), wurde von seinen Aufgaben entbunden. Die Grünen-Spitze dementierte nicht, dass der Grund eine Trunkenheitsfahrt und Gewalt gegen einen Polizisten in der Nacht zum Mittwoch war. Stephan war zuvor Gast beim Hoffest im Roten Rathaus gewesen und dort nach Mitternacht im Tanzkeller schlafend gesehen worden.
Die Polizei selbst sprach nur von einem "31-Jährigen", der einer Funkstreife kaum anderthalb Kilometer vom Rathaus entfernt an einer Ampel aufgefallen sei, weil er am Steuer schlief. Als man ihn, weil offensichtlich alkoholisiert, zur Blutentnahme mitnehmen wollte, soll der Mann versucht haben zu flüchten, die Polizisten beleidigt und einen Beamten getreten haben. Laut Polizei laufen Ermittlungen wegen Körperverletzung, Widerstand, Beleidigung und Trunkenheit im Straßenverkehr.
Stephan war seit dem Bundestagswahlkampf 2009 als Landesgeschäftsführer für die Partei tätig. Zuvor war er über zwei Jahre Pressesprecher des Landesverbands. Mit der Nominierung von Künast Ende 2010 übernahm er auch die Wahlkampfleitung.
Die im März aus dem Amt geschiedene frühere Grünen-Landeschefin Irma Franke-Dressler reagierte betroffen auf die Nachricht von seiner Beurlaubung: Sie lobte die "sehr gute Zusammenarbeit" mit Stephan und nannte ihn einen guten Organisator. "Ich kenne ihn auch nur ruhig - wenn jemand mal laut wurde in der Landesgeschäftsstelle, dann war ich das", sagte Franke-Dressler der taz.
Von der aktuellen Grünen-Führung war am Mittwochmorgen nur ein knapper Satz zu der Angelegenheit gekommen: Stephan sei von seinen Aufgaben entbunden worden. taz-Nachfragen begegnete Landeschef Daniel Wesener mit dem Hinweis auf noch ausstehende Beratungen und arbeitsrechtliche Hindernisse. Stephan selbst reagierte auf eine Rückrufbitte nicht.
Sprecher und Geschäftsführer anderer Parteien bewerteten Stephans Ausfall auf taz-Anfrage als Belastung für den Künast-Wahlkampf. "Das wird kurzfristig einen Bremseffekt haben", sagte CDU-Mann Dirk Reitze. Er schränkte jedoch ein: "Üblicherweise ist eine Wahlkampagne aber so breit aufgestellt, dass jemand ersetzbar ist." Thomas Barthel (Linkspartei) sah "eine blöde Situation": Neue Leute einzuarbeiten koste Zeit und Nerven. SPD-Sprecherin Daniela Augenstein sprach von einer Schlüsselfunktion: "Jede Neubesetzung an dieser Stelle ist schwierig und macht das Wahlkampfleben sicher nicht leichter."
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