Fehlende Liquidität bei Drogeriekette: Schlecker ist insolvent
Die größte deutsche Drogeriekette Schlecker ist zahlungsunfähig. Finanzielle Engpässe hatten sich schon angekündigt. Hunderte Filialen werden bereits geschlossen.
BERLIN taz | Die Drogeriemarktkette Schlecker ist pleite. Das Unternehmen werde in die Planinsolvenz gehen, ließ die Firma am Freitagnachmittag verlauten. Ziel sei der Erhalt eines großen Teils des tausende Läden umfassenden Filialnetzes und damit auch der etwa 35.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Der Geschäftsbetrieb des schwäbischen Familienunternehmens soll unverändert weiterlaufen.
Aktuell habe eine geplante Zwischenfinanzierung nicht sichergestellt werden können, erklärte Schlecker. Daher könnten die weiteren Maßnahmen der aktuell laufenden Restrukturierung nicht so umgesetzt werden wie geplant.
In seinem Insolvenzantrag will Schlecker den Gläubigern direkt Vorschläge unterbreiten, wie es weitergehen kann. Die Mitarbeiter wurden ebenfalls am Freitag informiert. "Wir glauben an die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens", sagte ein Sprecher.
Der Konzern, der das Discountwesen in der deutschen Drogeriemarktbranche einführte, steckt schon seit Längerem in Schwierigkeiten. Viele Filialen werfen nicht genug Gewinn ab. Zuletzt hatte Schlecker rote Zahlen geschrieben. 2011 startete eine große Restrukturierung: Der Umgang mit den Mitarbeitern - bis daher eher rüde - sollte verbessert werden. Und die Geschäfte sollten weg vom Rumpel-Image und heller, geräumiger und freundlicher werden.
Nach eigenen Angaben funktionierte der Umbau relativ gut. So sei eine Umsatzsteigerung der sanierten Filialen von 8 bis 30 Prozent feststellbar gewesen. Nun aber ging Schlecker offenbar die Puste aus - denn die Sanierungsmaßnahmen kosten natürlich Geld.
Rote Zahlen
Schlecker beschäftigt derzeit nach eigenen Angaben 42.000 Menschen, davon 35.000 in Deutschland. Der Umsatz ging 2010 konzernweit von 7,2 Milliarden Euro 2009 auf 6,55 Milliarden zurück; neuere Zahlen liegen nicht vor. Im Jahr 2010 habe man "rote Zahlen" geschrieben, so ein Unternehmenssprecher.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di forderte , dass sich Eigentümer Anton Schlecker, der als einer reichsten Deutschen gilt, nun voll für die Firma und den Erhalt von Arbeitsplätzen engagieren müsse.
"Anton Schlecker trägt als Eigentümer persönlich die Verantwortung für seine Beschäftigten. Besonders in einem solchen Falle gilt: Eigentum verpflichtet", sagte Stefanie Nutzenberger, Ver.di-Vorstandsmitglied für den Handel.
Nun komme es darauf an, in einem eventuell bevorstehenden Insolvenzprozess einen gangbaren Weg zu finden, um die mehr als 30.000 Arbeitsplätze bei Schlecker zu retten, so Nutzenberger. Schlecker war im Dezember letzten Jahres mit der Bitte um Verhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag an die Gewerkschaft herangetreten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung