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Falls Domingo in Wanne-Eickel singt

■ Ein junger Unternehmer liefert Konzertkarten frei Haus und mischt das Monopol der Vorverkaufsstellen auf / Ein Computersystem soll auch bei ausgefallenen Wünschen helfen

Der Kampf um Theater- und Konzertkarten in Bremen geht in eine weitere Runde. In den vergangenen Monaten hatte das bremische Ticket-Service-Center (TSC) sein Computersystem umgestellt und erhebliche Schwierigkeiten mit der neuen Software bekommen (siehe taz vom 9. 12. 95). Tickets wurden doppelt „verkauft“, das Bremer Theater war angeblich ausverkauft, obwohl noch reihenweise Plätze frei waren.

Diese Situation kommt Jens Strangmann, neuer Konzertkartenvertreiber in Bremen, sehr gelegen. Seit rund zwei Jahren bastelt der selbständige Kurierfahrer an einer Idee für einen Ticket-Heim-Service. Seit November ist es nun soweit. Gegen einen Aufpreis von fünf Mark innerhalb Bremens besorgt und liefert Strangmann „jede Karte für eine Musik-, Sport- oder Theaterveranstaltung“.

An die Karten heranzukommen ist nicht einfach. Die Bremer Konzertagenturen und Vorverkaufsstellen sitzen auf ihren Pfründen. Jens Strangmann hat die Firmen mehrmals angeschrieben und um Kartenkontingente für seine Agentur gebeten. „Die haben mir nicht mal geantwortet“, sagt Strangmann. „Anrufe werden abgeschottet“.

Die großen Veranstalter in Bremen geben das unumwunden zu. Sie erinnern sich an Jens Strangmann und seine Geschäftsvorschläge, arbeiten aber lieber mit dem TSC zusammen. Dort seien alle Fehler mittlerweile behoben, das Geschäft läuft wieder. „Da sind auch viele Windeier in dem Metier“, sagt eine Mitarbeiterin des wichtigsten Veranstalters und ließ sich nicht auf die neue Geschäftsidee ein.

Der Münchner Computer Ticket Service (CTS), einer der deutschen Branchenmultis in dem lukrativen Geschäft um den Unterhaltungsspaß, sieht in Strangmann kein Windei. Im Dezember war Strangmann in München und hat sich bei CTS informiert. Das von den großen Konzertveranstaltern gegründete Unternehmen vertreibt Rechner, die mit hauseigener Software laufen. Diese Rechner sind mit Großrechnern in mehreren deutschen Großstädten verbunden, in die die Veranstalter ihre Angebote einspeisen. Sollte Placido Domingo einmal in Wanne-Eickel spielen, so kann auch die Fan-Gemeinde in Oldenburg über das Computer-System eine Karte kaufen, ohne vorher in den Ruhrpott zu fahren.

In Bremen gibt es bislang nur einen CTS-Rechner. Strangmann überlegt, sich an die Großrechner anzuschließen, um die Bremer Agenturen zu umgehen. Zunächst müßte er jedoch rund 17.000 Mark investieren und CTS einen Rechner abkaufen. Und dann verlangen die Veranstalter Bürgschaften zwischen „10.000 Mark und einer halben Million“, wie Marco Dolezal von CTS weiß. „Wenn sie Karten mit dem Computer ausdrucken, ist das wie eine Gelddruckmaschine“, sagt er.

Strangmanns Service hat sich inzwischen herumgesprochen. Ein Lübecker Fan des europäischen Schlagerwettbewerbs „Eurovision de la Chanson“ wollte unbedingt eine Karte für die Endausscheidung in Dublin. Als Belohnung versprach er einen Kasten heimischen Marzipans. Die Verlockung war groß. Strangmann entwickelte Forschergeist und fragte sich durch diverse Rundfunkanstalten bis er den verantwortlichen Redakteur an der Strippe hatte. Die Karte kommt und Strangmann freut sich auf das Marzipan. fok

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