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„Fall Gartenschläger“

■ Rechtshilfeersuchen an DDR-Generalstaatsanwalt

Lübeck (ap) - Die Ermittlungen im Fall des 1976 an der Grenze erschossenen DDR-Gegners Michael Gartenschläger sind von der Lübecker Staatsanwaltschaft wieder aufgenommen worden. Der Leitende Oberstaatsanwalt Joachim Böttcher teilte in der Hansestadt mit, die Wiederaufnahme der Ermittlungen erfolgte, weil neuere Hinweise ergeben hätten, „daß Gartenschläger einem Mordplan des DDR -Staatssicherheitsdienstes zum Opfer gefallen sei“.

Lübeck werde an den Generalstaatsanwalt der DDR ein Rechtshilfeersuchen stellen. Die Verantwortlichkeit der Befehlsgeber müsse mit anderen gleichartigen Fällen zentral von den DDR-Strafvollzugsbehörden geprüft werden. Möglicherweise komme später eine Abgabe des Lübecker Verfahrens gegen die noch unbekannten Todesschützen zu dem in der DDR geführten Verfahren in Betracht. Gartenschläger gehört zu den Toten, die möglicherweise Mordplänen der DDR -Staatssicherheit zum Opfer gefallen sind und die am Montag in der jüngsten Ausgabe des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel‘ aufgelistet worden waren. Gartenschläger war 1971 aus DDR-Haft freigekauft worden. Anfang 1976 hatte eine Gruppe um Gartenschläger an der Grenze einen Todesschußautomaten abmontiert. Als Gartenschläger diesen Coup am 1. Mai 1976 wiederholen wollte, wurde er an der Grenze nahe dem schleswig-holsteinischen Bröthen erschossen. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Böttcher gab es schon damals deutliche Hinweise darauf, „daß es sich nicht um Schüsse aufgrund des sogenannten Schießbefehls gehandelt haben dürfte, sondern daß die Schützen Gartenschläger erwartet und bei seinem Auftauchen sofort liquidiert, das heißt, ohne Anruf gezielt erschossen hätten“.

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