MIT GELD UND ZINSEN AUF DU UND DU: Faktor Kapital läßt grüßen
■ Bundesbank sieht derzeit keine geldpolitische Entwarnung
Berlin (dpa/taz) — Die Bundesbank bleibt von Theo Waigels Haushaltskonzept unbeeindruckt. Es sei mit Sicherheit zu früh für eine „geldpolitische Entwarnung“ erklärte Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger gestern bei der Eröffnung des Deutschen Sparkassentages. Jetzt gelte es, durchgängig die marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf allen Ebenen wirtschaftlichen Handelns politisch und institutionell zu verankern und die Ausgabenwünsche den ökonomischen Verhältnissen anzupassen. Bei den zwischen 1996 und 1998 anstehenden Entscheidungen über die europäische Währungsunion sei streng darauf zu achten, daß nur Länder mit reduzierten Staatsdefiziten zugelassen würden — ein Wink mit dem Zaunpfahl an den Bonner Kassenwart.
Vieles erinnere in Deutschland an die Ausgangslage nach der Währungsreform, gab Schlesinger zu bedenken, das Wort von der „Stunde Null“ sei in mancher Hinsicht sogar noch beschönigend. Der Grund: Vor einem wirklichen Neuaufbau müsse noch die Hypothek gar nicht genau abschätzbarer Altlasten abgebaut werden. In Ostdeutschland sollen die Transferzahlungen von 180 Milliarden Mark in diesem Jahr vorwiegend produktiv und nicht konsumtiv verwendet werden.
Für die Bundesbank besitzt nach wie vor eine deutliche Senkung der Inflationsrate Priorität. Eine Teuerung wie gegenwärtig erscheint Schlesinger auf „längere Sicht“ nicht akzeptabel. Ein Geldwertverlust von vier bis fünf Prozent jährlich liefe in nur sechs Jahren auf einen Geldwertschwund von einem Viertel und eine Halbierung des Realwertes der Geldvermögen hinaus, was nicht hingenommen werden könne, so der Chefbanker. Relativ hohe Zinsen seien nicht die Ursache wirtschaftlicher Fehlentwicklungen, sondern die Folge einer zu hohen Beanspruchung der Produktionsfaktoren, „insbesondere des Faktors Kapital“. Neuerdings fließe längerfristiges Kapital per Saldo aus Deutschland ab. Dies müsse auch bei der Einführung einer Zinsabschlagssteuer bedacht werden.
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