Fakes bei Facebook: Eine Frage des Vertrauens
Facebook, wir haben ein Problem. Das hört man öfter von Usern und Werbekunden. Schlechte Nachrichten kommen im Akkord. Droht das große Abmelden?
Ein soziales Netzwerk zu starten, an dem kaum jemand noch vorbeikommt und das beim Börsengang mit über 100 Milliarden Dollar bewertet wurde – das war ganz offensichtlich der einfache Teil für das soziale Netzwerk Facebook.
Ein Vierteljahr nach dem Börsengang ist klar, dass zwar im Vorfeld viel gegackert, aber verhältnismäßig wenig Eier gelegt wurden: Die ersten Quartalszahlen des Unternehmens sind desaströs, jeder Schritt der Firma wird nun höchst penibel beobachtet werden – und eine schlechte Nachricht türmt sich auf die andere.
Der jüngste Dreh in der negativen Berichterstattung kam von einem kleinen Startup in den USA: „Limited Run“ wirft Facebook vor, bis zu 80 Prozent der Werbeklicks auf Facebook-Seiten stammten von „Bots“, also automatisierten Skripten. Oder andersherum gedreht: Über Analyse-Tools und Pagelogger will „Limited Run“ nur bei 20 Prozent der Klicks auf Facebook-Werbung erkannt haben, dass es sich um tatsächlich existente Facebook-Nutzer gehandelt habe.
Sollte sich bewahrheiten, dass „Limited Run“ hier ein Problem aufgefallen ist, auf das Firmen, die gigantische Summen in Facebook-Werbung investieren, bislang nicht gestoßen sind, dürfte das Facebooks Werbung arg in Verruf bringen. Was für eine Firma, die eben vornehmlich mit Werbung ihr Geld verdient, mehr als hässlich sein dürfte.
Ägyptische Minderjährige mit Topjobs
„Wir überprüfen derzeit die Vorwürfe“, kommentierte ein US-Facebook-Sprecher die Angelegenheit. Doch es ist nur ein Hinweis darauf, dass bei dem Geschäft mit den Likes und Werbeklicks nicht alles rundläuft: Mitte Juli hatte bereits die britische BBC einen Text veröffentlicht, in dem der Wert von Likes und Werbung bei Facebook hinterfragt wurde.
Laut einem dort zitierten Social-Media-Berater würden Seiten seiner Kunden auffällig häufig von Nutzern geliket, an deren Identität als philippinische oder ägyptische Minderjährige, die bei einflussreichen Unternehmen beschäftigt sein sollen und denen Tausende Seiten gefielen, Zweifel bestünden. Ergebnisse, die die BBC in einem Versuch teils bestätigte. Facebook reagierte damals mit dem Statement, man sehe „keinen Beweis für ein signifikantes Problem“.
Dass es ein Problem mit falschen Facebook-Accounts gibt, hatte allerdings im März Facebook selbst eingeräumt: Bei 5 bis 6 Prozent sei man sich nicht sicher, ob dahinter reale Personen steckten.
Nur ein Testlauf
Das dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum Facebook seine Nutzer vor einigen Wochen dazu aufforderte, die echten Namen ihrer Facebook-Freunde zu verpetzen. Ein weiterer Schritt in Facebooks Kampf gegen Pseudonyme – denn je exakter und richtiger die Informationen über einen Nutzer, desto besser für die Verkäufe an Werbekunden, die Anzeigen schalten sollen. Worauf viele Nutzer so wütend reagierten, dass Facebook zerknirscht bekannt gab, es habe sich nur um einen Testlauf gehandelt.
Genauso wenig begeistert war man in der Community von der Facebook-Idee, all seinen Nutzern einfach mal eine Facebook-E-Mail-Adresse zu verpassen und diese automatisch auf dem Nutzerprofil einzutragen. Die Sache war durchsichtig – User sollten stärker an Facebook gebunden werden, mehr Zeit auf der Seite verbringen: Mehr Klicks, mehr Werbekunden.
All das zeigt, wie stark das Unternehmen unter Druck steht – und wie schwierig der Balanceakt zwischen Monetarisieren und Vertrauen der Nutzer ist. Denn das soziale Netzwerk ist nur so lange wertvoll, wie es sein eigentliches Kapital nicht verspielt: über 900 Millionen Nutzer weltweit, die sich nicht scheuen, pausenlos Informationen über ihr Privatleben einzupflegen.
Fühlen die sich aber irgendwann zu arg als potenzielles Werbeziel ausgemolken oder ärgern sie sich zu sehr, weil Facebook mit ihren privaten Auskünften nicht vertrauensvoll umgeht – in diesem Datenschatz schlummern ja weitere gigantische Monetarisierungspotenziale –, könnten sie sich bei Facebook irgendwann einfach abmelden.
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