: Fairness statt Leistungsdruck
■ Rugby: Deutsche Jugend-Meisterschaften im Stadtpark Von Edwin Feindt
„Altmodisch“: So sieht der 52jährige Finanzbeamte Jens Michau die Sportart, die er seit über 20 Jahren beim FC St. Pauli betreibt und betreut: Rugby. Altmodisch, weil dem Trainer der vier Jugendmannschaften Tugenden wie soziales Verhalten, Fairness und gute Ausbildung im Teamsport wichtiger sind als Siege unter verfrühtem Leistungsdruck, den ehrgeizige Eltern auf ihre Kinder ausüben.
Zwar sichert Michaus kontinuierliche und von sozialem Engagement geprägte Jugendarbeit dem Kiez-Club unter den fünf Hamburger Rugby-Vereinen eine Vormachtstellung, aber kaum nationale Meistertitel. Deshalb räumt er seinen eigenen Mannschaften bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften, die am Wochenende im Stadtpark ausgetragen werden, nur Außenseiter-Chancen ein.
In den drei Altersklassen Jugend (16 bis 17 Jahre), Schüler B (12 bis 13 Jahre) und Schüler C (10 bis 11 Jahre) kämpfen je sechs Mannschaften um nationale Ehren. Die Titelverteidiger gelten als haushohe Favoriten: Rekordmeister Berliner Rugby Club konnte in der Jugend- und Schüler-C-Gruppe bereits 25 Titel einheimsen; der TSV Handschuhsheim aus der Rugby-Hochburg Heidelberg gilt in der Schüler-B-Klasse als Topteam.
Besonders letztere sind Jens Michau ein Dorn im Auge: „Die reisen mit 100 Leuten an, davon ist nur die Hälfte Spieler!“ Der Rest sind Fans und die Betreuer der beiden Schüler-Mannschaften, pro Team vier Trainer zuzüglich Physiotherapeuten. Jeder Mannschaft, die im Gegensatz zu den Erwachsenen nur aus acht Spielern besteht, stehen 25 Schüler zur Verfügung.
In den braun-weißen Trikots des FC St. Pauli laufen nur die Jugend- und Schüler-B-Teams auf. Zu gunsten der im Aufbau begriffenen Schüler-C-Mannschaft des Hamburger Rugby Clubs hat Michau sogar auf die Teilnahme seiner eigenen C-Schüler verzichtet: „Die sollen auch mal eine Chance erhalten.“
Trotz der starken Verwandtschaft zum übermächtigen Konkurrenten American Football wird auch diese Meisterschaft das Interesse an Rugby kaum ansteigen lassen, denn es fehlt das Spektakuläre, der Show-Charakter: Keine aufreizenden Tanz-Einlagen, keine Spieler, die durch Helm, Schulterpolster und grell-bunte Trikots zu Superhelden mutieren. Beim Rugby gibt es Sport und Mensch pur. Aber das ist doch altmodisch!?
Die Titelkämpfe finden morgen von 14 bis 18 Uhr und Sonntag von 9 bis 13 Uhr auf den Sportplätzen Jahnring und Saarlandstraße statt.
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